Wer bringt den Müll raus? – Diese pikante Frage führt wohl schon seit Jahrzehnten zu Zankereien zwischen Geschwistern, Ehepartnern und ganzen Familien.
Nun ist eine verblüffend simple Lösung für diesen ewigen Streitpunkt gefunden: Einfach keinen Müll mehr produzieren – so wie es die Zero Waste Lifestyle Bewegung propagiert.
Das, was sich auf den ersten Blick so einfach anhört, entpuppt sich jedoch als ganz schön schwierig, wenn man den eigenen Tagesablauf gedanklich durchgeht. Angefangen beim Joghurt aus dem Plastikbecher über die Zahnpasta aus der Tube bis hin zu leeren Kulis und seitenlangen Mitschriften in der Uni: Wir produzieren rund um die Uhr Müll, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Bea Johnson hat es dennoch mit beeindruckender Beharrlichkeit geschafft, den Müll aus ihrem Alltag zu verbannen. Als eine der Ersten praktiziert sie den Zero Waste Lifestyle, indem sie mit ihrer Familie seit 2008 müllfrei lebt. Anstoß für diese komplette Lebensumstellung war der temporäre Umzug in eine kleinere Wohnung. Anfangs empfand Bea Johnson es als Einschränkung, ohne die Dinge zu leben, die die Familie im großen Haus zurückgelassen hatte. Schnell lernte die zweifache Mutter jedoch die Freiheit zu schätzen, die sich gerade aus diesem Verzicht ergab. Sie beschäftigte sich näher mit nachhaltigen Lebenskonzepten und realisierte die Folgen unseres meist unreflektierten Konsumverhaltens.
Mit dem Entschluss, ohne Müll zu leben, fing sie an, ihren Alltag umzustellen.
Heute ist Zero Waste privat und beruflich zu einem wichtigen Teil ihres Lebens geworden. Bea betreibt einen Blog über ihren müllfreien Alltag; ihr Buch „Zero Waste Home“ soll schon bald in neun Sprachen erhältlich sein.
Kerngedanke ihres Zero Waste Lifestyles ist die Formel „Refuse, reduce, reuse, recycle, rot.“ Mit „refuse“ steht am Anfang logischerweise der Versuch, die Müllproduktion auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Bei Einkäufen von Lebensmitteln, die auf dem Wochenmarkt oder in verpackungsfreien Supermärkten getätigt werden, ist das kein Problem. Schwieriger wird es schon im Bad: Kosmetika stellt Bea teilweise selber her, die Zahnbürsten sind aus Holz, damit sie später kompostiert werden können. Generell gilt in allen Lebensbereichen für Bea das Credo „weniger ist mehr“ – auch in Bezug auf Kleidung: Die gebürtige Französin besitzt nur 15 unterschiedliche Kleidungsstücke. Dabei ist auch der zeitliche Vorteil nicht zu unterschätzen: Wenn Bea Johnson in den Urlaub fährt, kann sie ganz einfach den kompletten Inhalt ihres Schrankes einpacken. Stundenlanges Abwägen, ob nun dieses oder jenes Teil mit in den Koffer darf, gibt es nicht. Finanziell gesehen ist der Zero Waste Lifestyle auch von Nutzen, betont Bea. Zwar seien die Produkte teilweise teurer, der Konsum insgesamt werde jedoch reduziert.
Fraglich ist natürlich, inwiefern der Zero Waste Lifestyle auch für Menschen möglich ist, deren Leben sich nicht komplett um Zero Waste dreht. Für den Normalverbraucher scheint ein derartiges Leben momentan noch ziemlich utopisch, da bisher noch nicht genug Möglichkeiten geschaffen sind, die ein unkompliziertes Leben ohne Müll umsetzbar machen.
Ein paar Jahre werden wir daher sicherlich noch die Aufforderung „Bring endlich den Müll raus!“ durch deutsche Treppenhäuser schallen hören. Ein Anstoß, unseren eigenen Müllverbrauch zu hinterfragen, ist das Modell Zero Waste von Bea Johnson aber auf jeden Fall jetzt schon.
Im Rahmen ihres Vortrags für TEDxMuenster gab uns Bea ein Interview über ihren No Waste Lifestyle:
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