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Luftqualität im Stadtgebiet Münster

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Feinstaub und Stickoxide werden aktuell wieder vermehrt zum Thema. Nicht zuletzt durch die drohenden Klagen durch die EU-Kommission. Auch Münster überschritt in der Vergangenheit häufig  die für die Europäische Union festgelegten Grenzwerte. In Sachen Feinstaub sieht sich die Stadt auf einem guten Weg, so wurden im März diesen Jahres die Grenzwerte bereits im gesamten Stadtgebiet nicht mehr überschritten. Kritik kommt dennoch von Seiten der Deutschen Umwelthilfe, besonders was die Stickstoffkonzentration an allen drei Messorten angeht. Diese unterschreiten zwar knapp die EU Grenzwerte, seien aber nach Auffassung der DUH immer noch zu hoch. Davon betroffen seien vor allem die Standorte Weselerstraße sowie Bült.

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— Fragen und Antworten zum Thema —

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Was ist der Unterschied zwischen Feinstaub und Stickstoffdioxid und wie gesundheitsschädlich sind diese?

Stickstoffdioxid (NO2) ist eine gasförmige Verbindung die zu den reaktiven Stickstoffverbindungen zählt und aus Stickstoff- sowie Sauerstoffatomen besteht. Stickstoffoxide entstehen vor allem als Nebenprodukt bei Verbrennungsprozessen, wie etwa in Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, aber auch in Verbrennungsanlagen für Kohle, Öl, Gas, Holz oder Abfällen.¹ Als Reizgas erkennt man Stickstoffdioxid auch an seinem stechend-stickigem Geruch. Stickstoffdioxid wird, vom menschlichen Körper, ausschließlich über die Atemluft aufgenommen. Die relativ geringe Wasserlöslichkeit von NO2 hat dabei zur Folge, dass dieses nicht in den oberen Atemwegen gebunden wird, sondern bis in tiefere Bereiche der Atemwege, wie Bronchien und Lungenbläschen, vordringen kann. Bei anhaltender Belastung durch Stickoxide kommt es zu einer Reizung und Verengung der Atemwege, was die Lungenfunktion einschränken und zu Entzündungsreaktionen der Atemwege führen, sowie Infektionen dieser begünstigen kann. Gleichzeitig ist eine hohe NO2 Belastung häufig Auslöser für Herz- Kreislauferkrankungen. Bei Asthmatikern können schon geringe Mengen des Reizgases zu schweren Reaktionen führen.² Neuste Studien haben zudem einen Zusammenhang zwischen Stickstoffdioxidbelastung und Diabeteserkrankungen hervorgebracht. Demzufolge gehen bis zu 8% der Diabetes mellitus Erkrankungen in Deutschland auf das Konto erhöhter Stickstoffdioxidkonzentration in der Luft.⁷ Laut WHO kann, nach aktuellem Kenntnisstand, für Stickoxide kein Schwellenwert benannt werden, bei dessen Unterschreiten langfristige Wirkungen auf den Menschen ausgeschlossen werden können.² ³ ⁵

Bei Feinstaub handelt es sich um ein komplexes Gemisch aus festen und flüssigen Partikeln. Unterschieden wird hier zwischen Feinstaub PM10, der Partikel mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometer (µm) enthält, so wie PM2,5, dessen Partikel weniger als 0,1 Mikrometer haben können. Feinstaub entsteht ebenfalls direkt als Folge von Verbrennungsprozessen (Primärfeinstaub), oder bildet sich erst in der Luft, aus Partikeln daraus entstandener Gase, wie etwa Schwefel- und Stickoxiden oder Ammoniak (Sekundärfeinstaub). Feinstaub ist aber nicht nur ein Produkt von Verbrennungsprozessen, sondern entsteht ebenfalls durch Bremsen- und Reifenabnutzung und aufgewirbelten Staubpartikeln. Die Partikel des Feinstaubs vom Typ PM2,5 können beim Einatmen über Bronchien und Lungenbläschen bis ins Lungengewebe vordringen und darüber sogar in den Blutkreislauf gelangen.³ Das Risiko für die Gesundheit durch Feinstaub ist je nach Partikelgröße verschieden. Je feiner die Partikel, desto tiefer gelangen diese beim Einatmen in die Atemwege und können dort Schaden anrichten. Während größere Partikel bis in Nasenhöhlen, Bronchien und Lungenbläschen vordringen, können kleinere Partikel von unter 0,1 Mikrometern bis ins Lungengewebe und die Blutbahn gelangen, worüber sie im Körper verteilt werden und weitere Organe Schädigen können. Besonders häufige Folgen von anhaltenden Feinstaubbelastungen sind Atemwegs- sowie Herz- Kreislauferkrankungen. Studien bestätigten außerdem einen Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und einem erhöhten Lungenkrebsrisiko.⁴ ⁶

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Welche Grenzwerte gibt es in Deutschland und wie sind die Werte in Münster?

Zum Schutz der Bevölkerung wurden 2005 europaweite Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft festgelegt. Darüber hinaus existieren sogenannte Alarmschwellen, deren Überschreitung ein sofortiges Handeln vorschreibt.

Für Stickoxide gilt ein Grenzwert von 200 µg/m pro Stunde, welcher nicht öfter als 18 mal im Jahr überschritten werden darf. Gleichzeitig ist ein zulässiger Jahresgrenzwert von 40 µg/m3 vorgeschrieben¹

Für Feinstaub (PM10) ist ein Tagesgrenzwert von 50 µg/m3 , bei 35 erlaubten Überschreitungen pro Jahr, festgelegt. Gleichzeitig ist ein zulässiger Jahresmittelwert von 40 µg/m3 vorgeschrieben. Für die noch kleineren Partikel des PM2,5 Feinstaubs, ist seit 2010 ein Jahresmittelwert von 25 µg/m3 angegeben.³

Zusätzlich zu den gesetzlichen Grenzwerten existieren sogenannte Zielwerte, festgelegt durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an denen sich Städte bei der Schadstoffreduzierung orientieren können. Weitere Nichtregierungsorganisation, wie etwa die deutsche Umwelthilfe (DUH), schlagen alternative Grenzwerte vor, die weit unter den offiziellen liegen.

Luftreinhaltepläne:

Die gesetzliche Regelungen schreibt eine durchgängige Messung der Schadstoffwerte im Stadtgebiet vor. Wird dabei festgestellt, dass vorgegebene Grenzwerte überschritten werden, muss dies innerhalb eines Jahres der EU Kommission mitgeteilt werden. Darauf folgend hat die zuständige Behörde ein weiteres Jahr Zeit einen Luftreinhalteplan aufzustellen.

Inhalt dieses Luftreinhalteplans sind Angaben zu den gemeldeten Überschreitungen sowie mögliche Ursachen dieser. Darüber hinaus müssen Maßnahmen festgelegt werden, die eine zukünftige Überschreitung der Grenzwerte verhindern sollen.

 
Feinstaubwerte in Münster Geist (links) und Weselerstraße (rechts) von 2009 bis 2016

Kohlendioxidwerte an Weselerstraße (links), Münster Geist (mitte) und Bült (rechts)

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Wie und wo wird in Münster gemessen?

Zum Messen der Luftqualität wird in Münster, seit 2003, an verschiedenen Stellen, die Schadstoffbelastung gemssen. Die wichtigsten drei, zum auswerten der aktuellen Verschmutzung, sind Stickoxid (NOx), Feinstaub (PM10) und Ozon (O3). Zur Bestimmung dieser betreibt das Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), im Stadtgebiet von Münster 2 kontinuierlichen Luftmessstationen an Weselerstraße und Münster Geist. Letztere Messstelle bestimmt auch die städtische Hintergrundbelastung.⁸ Zusätzlich werden, an besonders stark belasteten Straßenabschnitten, sogenannte passive Schadstoffsammler betrieben.⁸

“Bei den Passivsammlern handelt es sich um kleine, sogenannte Palmes-Röhrchen, die Schadstoffe aus der Luft aufnhemen und anreichern. Diese werden mit kleinen Schutzvorrichtungen , an Ampeln oder Laternenpfosten, in einer Höhe von etwa 2,5 bis 4 Metern montiert.” (LANUV information: Passivsammler)
https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/luft/pdf/passivsammler.pdf

   
Luftmessstation Münster Geist  (links), Luftmessstation Weselerstraße (mitte), Schild an der Luftmessstation (rechts)

Folgende Messstellen sind in Münster eingerichtet:

Bült Passivsammler VMSB (Palmes-Röhrchen)
Steinfurter Str. Passivsammler VMSS2 (Palmes-Röhrchen)
Weseler Str. Verkehrsmessung VMS2 (NOx Analysatoren)
Gut Insel/Geist Hintergrundmessung MSGE (NOx Analysatoren)

Die aktuellen Messwerte können Tabellen unter folgenden Links entnommen werden:
https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/luft/temes/heut/VMS2.htm
https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/luft/temes/heut/MSGE.htm

Weitere Messungen werden zudem von unabhängigen Organisation wie der deutschen Umwelthilfe oder der Westfälischen Wilhelmsuniversität ausgeführt.

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Was sind die Hauptursachen für die Luftverschmutzung in Münster?

Laut Luftreinhalteplan für Münster, aus dem Jahre 2009, sind verschiedene Verursacher die Quelle für die hohe Schadstoffbelastung. Diese beziehen sich hauptsächlich auf die erhöhte Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2). Der größte Anteil wird dabei von PKWs verursacht.

Industrielle Verschmutzung kommt im Stadtgebiet Münster hauptsächlich von Anlagen zur Energie- und Wärmeerzeugung vor allem durch das Heizkraftwerk Hafen der Stadt Münster und das Heizkraftwerk der Universität Münster. Darüber hinaus, ein weiterer kleiner Anteil durch Anlagen zur Herstellung und Bearbeitung von Steinen u. Erden, Glas, Keramik, Baustoffen, sowie Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen.

  
Heizkraftwerk Hafen (links) und Heizkraftwerk der WWU (rechts)

Laut verschiedenen Messungen und deren Auswertungen konnte aber festgestellt werden, dass, in Münster,  die Belastung durch den Verkehr fast fünf mal so hoch ist wie jener durch Industrieanlagen.²

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Welche Lösungsansätze werden in betracht gezogen?

Anhand der ausgewerteten Studien und Messdaten von LANUV, DUH und WWU hat die Stadt Münster am 3. August 2009 einen Luftreinhalteplan erstellt. Dieser enthält verschiedene Maßnahmen, die zu einer dauerhaften Verbesserung der Luftqualität im Stadtgebiet beitragen sollen.

Inhalt diese Maßnahmenkatalogs sind vor allem Straßenverkehrliche Maßnahmen. Dazu zählen die Ausweitung von Umweltzonen, Optimierung des Parkleitsystems (um Verkehr durch Parkplatzsuche zu verringern), Ausbau des P+R Systems (sogenannte Park & Ride Parkplätze, an denen Pendler ihre PKWs abstellen und auf Bus oder Fahrrad umsteigen können), Optimierung des Verkehrsleitsystems (Um den Durchgangsverkehr von sogenannten Hotspots, wie dem Bült, umzuleiten) und bessere Ampelschaltungen (die längere Standzeiten der PKWs vermeiden sollen).
Zudem wurde das Tempolimit innerhalb des Stadtgebiets, flächendeckend auf maximal 50 Km/h gesenkt. Der Hotspot Bült bekam zudem ein Tempolimit von nur 30Km/h. ²

Darüber hinaus konzentriert sich die Stadt auf die Verbesserung und Förderung des Öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV). Hierzu zählen, unter anderem, die Modernisierung der Busflotte. So wurden, von den Stadtwerken Münster bis 2015, ältere Fahrzeuge mit hohen Abgasemissionen gegen neuere, abgasärmere Modelle ersetzt. Bis 2016 wurde zudem eine komplette Buslinie, die über den Hotspot Bült verkehrt, mit Elektro-Bussen abgedeckt. Eine Optimierung der Buslinienfrequenz am Bült wurde umgesetzt und ältere Fahrzeuge mit hohen Abgaswerten nicht mehr den dort verkehrenden Linien zugeteilt.²

  
Elektrobus der Stadtwerke Münster (links), älteres Busmodell der Stadtwerke (mitte) , Schilder der Mobilstation Weselerstraße (rechts)

Weitere Maßnahmen durch die Stadt Münster, waren zum einen der Ausbau des Fernwärmenetzes und eine Intensivierung der Straßenbegrünung

Der gesamte Luftreinhalteplan lässt sich hier einsehen:
http://schuelerwettbewerb.eu/zentralablage/dokumente/umwelt_und_natur/umweltzonen-und-luftreinhalteplaene/LRP_Muenster_Endfassung.pdf

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Was ist für die Zukunft geplant ?

Im März 2008 hat die Stadt Münster, mit dem Klimaschutzkonzept 2020, eine weitere Zielsetzung in Sachen Luftqualität beschlossen.
Das Konzept sieht, bis zum Jahr 2020, eine Reduzierung der CO2 Emissionen von 40%, sowie eine Erhöhung des Anteils, regenerativer Energien
um 20% vor.

Das gesamte Klimaschutzkonzept 2020 kann unter folgendem Link eingesehen werden:
https://www.stadt-muenster.de/fileadmin//user_upload/stadt-muenster/67_umwelt/pdf/klima/klimaschutzkonzept2020.pdf

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Links und Quellenangaben:

¹ https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/stickstoffoxide
² http://schuelerwettbewerb.eu/zentralablage/dokumente/umwelt_und_natur/umweltzonen-und-luftreinhalteplaene/LRP_Muenster_Endfassung.pdf
³ https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/luft/immissionen/aktuelle-luftqualitaet/stickstoffdioxid-no2/
⁴ https://www.umweltbundesamt.de/no2-krankheitslasten
⁵ https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/feinstaub
https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/umweltmedizin/wirkungen_von_luftschadstoffen/schadstoffe/feinstaub_pm10/
⁷ http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/umweltbundesamt-studie-stickoxide-1.3897350
https://www.stadt-muenster.de/umwelt/immissionsschutz/luft.html
http://www.muensterleben.de/muenster/t7636.htm

 

 

 

 

Robert Fischer

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