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Feminismus – warte, was?

Immer wieder rückt der Begriff “Feminismus” in aktuelle Debatten. Doch was ist überhaupt ein*e Feminist*in und sollte man als Feminist*in Männer hassen? Von Philipp Schröder

Wenn ich den Begriff “Feminismus” in den Mund nehme, schauen Menschen grundsätzlich erst mal verdutzt. Vermutlich, weil ich männlich bin – “ein Mann ist Feminist? Wieso denn das?”. Meistens wird das Ganze ins Lächerliche gezogen, dazu kommt ja noch mein “junges” Alter. Aber gerade in diesem Alter ist es doch wichtig, sich feministisch zu engagieren, oder? Unsere Gesellschaft stellt sich in diesem Thema allerdings selbst Hürden in den Weg – zum Beispiel, dass man sich als Feminist*in sogar in vielen Fällen noch rechtfertigen muss. What?

Als Feminist*in muss man sich erstmal outen – eine gesellschaftliche Barriere

Wenn ich mein früheres Ich sehen würde, kann ich mir eigentlich nur an den Kopf fassen. Die Jugendkultur hatte mir antifeministische Parolen – auch gerade an und über der Grenze zum Sexismus – in meinen Sprachgebrauch eingefädelt. Gruppendynamik eben, durch Mitschüler*innen auf dem Pausenhof vermittelt. Eben jene kleine Sticheleien, die schnell über die Lippen gingen, ohne bewusst verletzen zu wollen – und dennoch ein Klima von Sexismus und Queerfeindlichkeit erzeugten, dem noch heute viele Menschen unserer Generation anhängen – und das mit zum Teil fatalen Folgen wie Ausgrenzung bis hin zu Gewalt.

Sich von diesem Klima loszulösen ist die erste große Hürde auf dem Weg zum Feminismus. Nur wenige gehen aktiv diesen Weg, gerade Männer sehen nicht, warum sie sich an der feministischen Gesellschaft beteiligen sollten, denn natürlich ist es einfacher, das patriarchale Klima passiv zu unterstützen als sich davon zu emanzipieren. Dazu herrscht fälschlicherweise die weit verbreitete Meinung, dass Feminismus eine Sache der Frauen* sei.

Diese Annahme ist allerdings den Grundsätzen des Feminismus fundamental widersprechend – das Ziel ist ausdrücklich eine Gesellschaft ohne Benachteiligung IRGENDEINES Geschlechtes. Im Gesamten also eine gesamtgesellschaftliche Emanzipation, an der sich gerade auch Männer beteiligen dürfen, sollen und müssen.

„Männerhass“ – wenn Männer sich die Welt schönreden

Ein immer wieder gerne genutzter Begriff, um Feminist*innen auf einen gewissen “Männerhass” zu reduzieren. Beispiel ist die verpönte Reaktion auf die MenAreTrash-Bewegung – es ging dabei nicht darum, ausnahmslos jeden Mann als Trash , also Abfall, zu bezeichnen, sondern um die toxische patriarchale Kultur, die kritisiert werden sollte. Meine Definition von Feminismus ist nämlich nicht der Hass auf andere Geschlechter, sondern primär die Gleichstellung. Wenn man Feminismus auf elementaren Hass auf den Mann definiert, geht man meiner Meinung nach am Ziel vorbei. Denn Ziel des Feminismus ist, wie erwähnt, die Gleichstellung. Und solange diese nicht erreicht ist, kann es natürlich auch an berechtigter Kritik kommen, die auch scharf formuliert sein darf, vielleicht sogar muss. Diese Kritik aber als einen Hass abzustempeln, statt etwas verändern zu wollen, spielt das komplette Thema runter.

Wenn die Wahlplakate der Grünen in Münster mit “Männerhasserpartei” beschmiert werden, ist genau folgendes Muster zu erkennen: Da die Grünen sich offensichtlich feministisch bekennen, fühlen sich Männer angegriffen, meinen sogar, dass sie benachteiligt werden. Ich denke, dass gerade dieses verzerrte Bild “Männerhass”, das im Zuge des reaktionären Rollbacks verbreitet wurde, dem Feminismus als gesamtgesellschaftliche Bewegung fundamental im Wege steht, da es Männern fälschlicherweise erlaubt, eine Opferrolle einnehmen zu können und so dem Drängen nach Emanzipation ausweichen.

Wieso Feminismus jetzt “in” sein muss

Immer wieder hört man, dass das gesellschaftliche Klima viel offener geworden sei, dass Feminismus gar nicht mehr nötig wäre. Diese Annahme ist allerdings, obwohl sich zweifellos eine deutliche Verbesserung innerhalb der letzten 100 Jahre feststellen lässt, äußerst trügerisch: Frauen* verdienen im Durchschnitt 21% weniger als Männer*, Sexismus und sexuelle Gewalt sind massive, gesellschaftlich tolerierte Probleme, unter denen vor allem Frauen* zu leiden haben. Gleichzeitig ist in der jüngsten Vergangenheit der beunruhigende Aufstieg dezidiert antifeministischer politischer Bewegungen festzustellen – die sowieso schon unbefriedigende Lage droht durch einen reaktionären Rollback noch weiter zu kippen. Hier ist es, wie so oft, an unserer Generation, die Comfort-Zone zu verlassen und sich aktiv als Gegengewicht zu engagieren, ein Zeichen zu setzen, der Welt mitzuteilen: Wir wollen eine gerechte, feministische Gesellschaft!

Philipp Schröder

Ein Kommentar

Grüße aus dem Flammenmeer

Ob Klimapolitik, Kapitalismus oder Kriegstreiberei – viel Stoff für die Kolumne von Philipp Schröder und Paul Oppermann. Über die Themen, die sie gerade bewegen, schreiben die beiden Schüler in dieser Kolumnenreihe auf ostviertel.ms