Wer zum Bennohaus kommt, mag zunächst den Eindruck bekommen, nur die Einrichtungen des Arbeitskreises Ostviertel, zu dem auch unsere Redaktion gehört, würden hier ihren Platz haben. Doch spätestens auf der Seite des Hauses, die dem Dortmund-Ems-Kanal zugewandt ist, zeigt sich unser Mitbewohner: Der Ruderverein Münster von 1882. Wir haben dem Verein einen überfälligen Besuch abgestattet und mit seinem Sprecher Dirk Bensmann ein Gespräch über seinen Sport, die Jugendarbeit und die Zukunft seines Vereins geführt.
Ab welchem Alter oder ab welcher Stufe steigen die meisten in den Rudersport ein?
Dirk Bensmann: 10 Jahre, 12 Jahre… (Spricht zu einem Kollegen:) Jetzt musst du mich eben korrigieren, ab wann gehen wir mit den Kindern los?
Kollege: Die Jüngsten sind so 10.
Bensmann: Ja, also ungefähr ab 10, kann man sagen. Das ist dann aber wirklich noch sehr kinderorientiert, die machen auch noch ganz viele andere Gesellschaftsspiele, Völkerball usw. An das Rudern werden sie schon noch sehr langsam herangeführt.
Ist das Interesse speziell hier in Münster groß?
Ja, in Münster schon. Wir haben derzeit über 40 Leute, die hier regelmäßig trainieren, wir haben eine sehr große Kindergruppe. Wir kriegen jetzt, glaube ich, elf aus der Kindergruppe in die sogenannten Junioren B rüber. Also, das ist schon beliebt, sonst könnte man auch nicht diese Breite abdecken, die wir hier haben.
Zum Thema Regatta und Wettkämpfe: Was ist Ihrer Meinung nach oder für Sie persönlich der größte und schönste Erfolg in den letzten Jahren ?
Ach, das ist eine schöne Frage, ich weiß ja nicht, wie viel Zeit Sie haben! Aber da zitiere ich eine Olympiasiegerin, Carina Bär. Die ist mal gefragt worden, als sie Olympiasiegerin wurde, ob das ihr schönstes Erlebnis gewesen sei und sie hat darauf geantwortet, ihr schönstes Erlebnis beim Rudern ist es, wenn sie morgens um 6 Uhr mit ihrer Mannschaft aufs Wasser geht, auf dem Wasser noch der Nebel liegt, sie um 8 Uhr wieder am Steg anlegen und sie sich dann an dem Tag schon mehr körperlich bewegt hat als viele Menschen am gesamten Tag. Was ich damit sagen will: Niemand rudert nur, um einmal auf dem Treppchen zu stehen. Die Wenigsten werden Olympiasieger, die Wenigsten werden deutscher Meister. Aber das kann es nicht sein, sondern diese tägliche Bewegung in der Mannschaft. Auch bei den Jugendlichen – wie nennt man das schön? Peer group. Das sind ja die Menschen, mit denen man zusammen ist, das ist der Freundeskreis. Man sieht sich hier fast mehr als die Eltern zu Hause und dieses Miteinander ist das, was die jungen Leute motiviert. Und wenn die dann eine Medaille gewinnen, ist das schön, aber für eine Medaille quält sich hier keiner sechs Tage die Woche. Das macht keinen Sinn.
Ziele hat man, aber nicht alle Ziele erreicht man.”
Jetzt muss ich meine Frage nach konkreten Zielen etwas umformulieren…
Nee, natürlich haben wir Ziele, das ist ja was anderes! Sich ein Ziel vorzunehmen, das gehört mit dazu. Natürlich sagen sich die Junioren hier, wenn sie den ganzen Winter durch trainiert haben, dass es ihr Ziel ist, im nächsten Jahr für die Nationalmannschaft der Junioren nominiert zu werden. Zur Junioren-WM zu wollen ist natürlich ein Ziel.
Aber wenn sie das nicht erreichen, sind sie ja nicht unglücklich, weil sie jetzt ein Jahr lang vergeblich gerudert haben. Ziele hat man, aber nicht alle Ziele erreicht man.
Aber bestimmt gibt es Wettbewerbe und Events im Jahr, auf die Sie sich besonders freuen.
Ja, es gibt da einen festen Rhythmus. Unter anderem machen wir sehr früh im Jahr auf dem Aasee hier in Münster eine sehr große Regatta, das ist die erste Junioren-Regatta. Das ist die erste nach dem Winter-Training, dort können sie dann auf der klassischen 2000-Meter-Strecke rudern. Und danach gibt es einen zwei- bis dreiwöchigen Rhythmus. In jeder Saison ist die Zielsetzung, bei den deutschen Meisterschaften zu rudern. Die finden immer woanders statt, das hängt nicht davon ab, ob die Regatta-Strecke jetzt besonders schön ist oder so. Hauptsache, es ist eine deutsche Meisterschaft. Und dazwischen gibt es Regatten, teilweise auch mit internationaler Besetzung, zum Beispiel in Hamburg, wo dann sehr viele aus Skandinavien kommen. Die Münchener Regatta hat sehr viele südeuropäische Teilnehmer. Da hat man also auch als Jugendlicher eine Chance, internationale Kontakte zu knüpfen.
Wie sieht es mit finanzieller Unterstützung aus? Würden Sie sagen, Sie werden hier auch von der Stadt sehr gut unterstützt, oder muss das meiste alleine gestemmt werden?
Ich neige nicht zu Superlativen. Wir werden von der Stadt gut unterstützt. Es könnte immer mehr sein, das ist klar. Aber es gibt eine vernünftige Sportförderrichtlinie hier in der Stadt. Für die Schularbeit, die wir machen, gibt es einen Kooperationsvertrag mit der Stadt Münster; da werden auch zumindest unsere Kosten erstattet. Insofern unterstützt uns die Stadt Münster wie viele andere Vereine auch, insofern ist das in Ordnung. Aber ein Großteil dessen, was wir hier tun, ist ein reines Ehrenamt. Wir können uns hier keine hauptamtlichen Geschäftsführer leisten, selbst unser Trainer ist so halbe-halbe, hätte ich beinahe gesagt. Also ohne dieses enorme ehrenamtliche Engagement könnte man das nicht auf die Beine stellen. Es müssen Menschen bereit sein, hier etwas zu tun und kein Geld dafür zu bekommen.
Ist die Bereitschaft denn relativ hoch, oder haben Sie Angst dass sie irgendwann mal keine Hilfe mehr erhalten?
Ja, das ist eine Herausforderung. Aber es gibt auch Jugendliche, die sagen, sie wollen dieses intensive Training nicht mehr weitermachen. Denen bieten wir dann an, Übungsleiter oder Trainer zu werden. Wir haben viele Beispiele, wo jemand zwei, drei Jahre lang Regatten gefahren ist und dann gesagt hat: „Junioren-Weltmeisterschaft, das ist es nicht für mich. Aber ich möchte mich gerne um Kinderausbildung kümmern.“ Also dann gibt es eine Chance, jemanden zu halten. Die große Herausforderung, die wir haben, ist, dass viele Jugendliche, die bei uns rudern, auch irgendwann studieren wollen, und dann vielleicht nicht nur in Münster, sondern woanders. Oder sie können woanders einen Beruf ergreifen. Also, es gehen auch viele weg, die dann auswärtige Mitglieder bleiben, aber die sind natürlich nicht mehr hier vor Ort. Früher waren die Leute hier, sind zur Schule gegangen, haben hier gearbeitet und so weiter. Das hat sich natürlich verändert.
Die Erfahrung zeigt: Viele sind im Laufe der Zeit, in der sie bei uns sind, besser in der Schule geworden.”
Würden Sie sagen, Kinder oder Jugendliche haben durch die Schule zu wenig Zeit fürs Rudern?
Nein. Diese Erfahrung machen immer wieder: Wenn jemand sich dazu entschließt, fünf Tage die Woche für mindestens zwei bis drei Stunden Sport zu treiben und am Wochenende mindestens einen Tag für zwei Einheiten, dann macht das für die Jugendlichen sieben Trainingseinheiten die Woche. Und dabei lernen sie automatisch ein Zeitmanagement und kriegen das hin. Schule, Hausaufgaben, Sport plus auch noch ein Hobby, Partymachen oder Ausgehen. Es ist ja nicht so, als wenn die nur hier sind und nichts anderes machen. Sie lernen in jedem Fall, sich zu organisieren. Viele unserer Jugendlichen lernen im Bus, wenn sie auf langen Reisen z.B. Richtung München ein paar Stunden Fahrtzeit zur Verfügung haben. Die gewöhnen sich das an, so was zu machen oder sich in den Pausen einer Regatta mal ein Buch zu nehmen. Das ist eine Frage der Organisation. Die, die hier sind, kriegen das gebacken. Wenn ich noch etwas dazu ergänzen darf, ich hab zwar keine wissenschaftliche Untersuchung dafür, aber die Erfahrung zeigt: Viele sind im Laufe der Zeit, in der sie bei uns sind, besser in der Schule geworden. Mag alles Zufall sein, mag daran liegen, dass sie mehr an der frischen Luft sind, dass der Körper mehr in Bewegung ist. Aber wir haben kaum eine Situation, dass jemand durch den Sport in der Schule nachlässt. Und selbst wenn das passieren würde, durch unsere engen Lehrerkontakte haben wir früh genug die Möglichkeiten, dann auch zu sagen: „Mensch, pass auf, da müssen wir was tun!“ Durch diese enge Beobachtung, die wir hier haben, weil die Menschen jeden Tag hier sind, hat man natürlich auch eine Chance, da sehr früh zu agieren.
Wir haben darüber gesprochen, dass die Stadt Sie gut bzw. gut genug unterstützt. Würden Sie auch sagen, die Stadt schmückt sich mit diesem Ruderverein?
Ich glaube, das ist eher weniger der Fall. Rudern ist nach wie vor eine Randsportart. Ich glaube, jeder kennt den Deutschland-Achter, wenn man an Olympischen Spielen interessiert ist. Alle vier Jahre rudert da der Achter, und meistens holen sie eine Medaille. Dazwischen ist Rudern medial aber nicht wirklich präsent. Es gibt andere Sportarten, bei denen 22 Leute einem Ball hinterher laufen und die eine ganz andere mediale Aufmerksamkeit bekommen. Dagegen versuchen wir immer mal wieder was zu machen. Wir schaffen es regelmäßig, im Lokalsportteil der Westfälischen Nachrichten aufzutauchen. Wir haben ja jetzt unser großes Umzugsprojekt in den Hafen, das ist sicherlich in der Stadt auch bekannt und bekannter geworden. Aber es ist nicht unser Ziel, jeden Tag auf der ersten Lokalseite zu sein und dort den Fußball zu verdrängen, das macht keinen Sinn.
Sie sprachen gerade vom Umzug an den Hafen. Wie sieht es damit gegenwärtig aus?
Wir haben da gerade ein Bild hängen, wie es vielleicht mal aussehen könnte. Wir wollen einen alten Speicher umbauen und sanieren, zusammen mit der Initiative B-Side, die dort in dieser Baumaßnahme jetzt auch unser Partner ist. Das Projekt läuft schon sehr, sehr lange, aber ich bin zuversichtlich, dass wir dorthin ziehen können. Und dann haben wir im Hafenbecken einen Standort, was uns natürlich vieles erleichtert, weil man es dann bei An- und Ablegemanövern etwas ruhiger und gelassener angehen lassen kann, gerade bei Kindern und Jugendlichen, die es noch lernen müssen. Im Moment sind wir ja hier direkt an der Hauptstrecke. Wenn Sie häufiger im Bennohaus sind, sehen Sie ja, was hier an Schiffen entlang fährt; das hat man dann im Hafen natürlich nicht.
Rechnen Sie durch Ihren Umzug an den Hafen auch mit höherer Aufmerksamkeit?
Ja, definitiv. Der Hafen in Münster ist hyped das ist die In-Location, wie man so schön sagt. Und wenn dort jeden Tag Ruderboote an- und ablegen, wenn dort Leben ist, denke ich schon, dass dann eine höhere Aufmerksam erzeugt wird, und ich persönlich gehe auch davon aus, dass wir dann einen weiteren Mitgliederzuwachs bekommen werden.
Also würden Sie das auch als einen Grund für den Umzug bezeichnen ?
Nein, das ist nicht der Grund. Der Grund ist, dass wir hier in dieser Immobilie an unsere Grenzen stoßen. Dieses Bennohaus ist unser altes Ruderhaus, das hat der Ruderverein 1920 gebaut. Seitdem sind wir hier an diesem Standort, seitdem ist diese Infrastruktur hier so gewachsen, aber sie ist heute nicht mehr so zeitgemäß, wie wir das brauchen. Wir haben hier fünf verschiedene Eingänge, hier können Mitglieder Sport treiben, ohne sich überhaupt zu Gesicht zu bekommen, und das ist nicht gut für einen Verein. Und aus diesen Gründen heraus haben wir gesagt, wir müssen irgendwann umziehen. Der kommende Kanalausbau ist natürlich auch ein Grund, und dann kam uns die Idee, Richtung Hafen zu gehen. Dass das so lange dauert, hätte ich auch geglaubt. Ich persönlich bin jetzt an diesem Thema seit sieben Jahren dran. Ich hoffe, dass wir in drei Jahren umgezogen sind, und dann ist das ein zehnjähriges Projekt. Wie solche Projekte halt laufen.
Nicht die acht Stärksten sind der schnellste Achter, sondern die acht, die am besten zusammen rudern.”
Also würden Sie sagen, dass auch ein Ruderverein irgendwann eine gewisse Modernisierung benötigt?
Ja, klar. Wir unterliegen genau den gleichen Rahmenbedingungen wie jeder andere auch. Energetische Sanierung eines Hauses, aber auch Umkleiden. Wir werden in dem neuen Bootshaus eine dritte Umkleide für das diverse Geschlecht haben. Wir haben eine andere Infrastruktur, Energiekonzepte, Zugangsmöglichkeiten, digitale Schlüssel, Codes, was man so alles heute hat. Klar müssen wir uns genauso modernisieren wie jeder andere auch. Übrigens auch die Ruderbewegung hat sich modernisiert.
Das Besondere am Rudern ist ja, dass so viele unterschiedliche Fähigkeiten gefordert werden. Das Erste, was ungewöhnlich ist: Man bewegt sich ja auf einer labilen Oberfläche, sprich Wasser. Da ist nichts stabil, da wackelt alles. Das führt dazu, dass man im Ruderboot zum Ausbalancieren seinen ganzen Körper in Bewegung hält. Mir hat mal ein Orthopäde gesagt, er kennt keine andere Sportart, bei der so viele Gelenke aktiviert werden wie beim Rudern. Zweiter Punkt: Sie brauchen zum Rudern Kraft, aber Kraft allein reicht nicht. Wenn Sie Gewichtheber sind, dann haben Sie Kraft für drei Sekunden, beim Rudern brauchen Sie sieben Minuten. Das heißt, Sie brauchen Kraft und Ausdauer in Kombination. Und der dritte Aspekt ist: Außer im Einer, wo Sie ganz alleine für sich rudern, müssen sie sich beim Zweier, Vierer und Achter auf andere einstellen, und das Boot ist am schnellsten, dessen Mannschaft harmonisch ist und die Ruderbewegung so gleich, wie es eben geht, wiederholt. Ich muss also teilweise meine Individualität etwas zurücknehmen, wenn ich mit meinem Partner im Boot zusammen schnell werden möchte. Nicht die acht Stärksten sind der schnellste Achter, sondern die acht, die am besten zusammen rudern. Und diese drei Dimensionen zu beherrschen, macht die Sache so kompliziert. Deswegen dauert es auch so lange, bis man sich dahin entwickelt hat.
Haben Sie festgelegte Anforderungen, die vom Trainingsstand her benötigt werden, damit man hier an Wettbewerben teilnehmen kann?
Wir als Ruderverein nicht. Natürlich haben wir als Trainer die Möglichkeit zu sagen: Jedem, der hier die Saison gerudert hat, geben wir die Möglichkeit, bei den Meisterschaften zu starten. Das Blöde bei Meisterschaften ist natürlich, dass immer jemand Letzter wird. Man wird nicht immer nur Erster. Auch uns kann es mal passieren, dass ein Boot vom Ruderverein eben mal Letzter geworden ist. Aber das Erlebnis, bei der Meisterschaft gestartet zu sein, das möchten wir möglichst vielen ermöglichen. Also, solche Kriterien haben wir intern nicht, aber in dem Moment, wo es um die Nominierung für die Nationalmannschaft geht, da gibt es dann Nominierungsrichtlinien. Da gibt es Ergometerwerte und vieles andere mehr. Diese Hürden muss man überspringen, um nominiert zu werden.
Gibt es auch Anforderungen, um dem Verein beizutreten, oder kann das hier jeder erlernen, der den Anforderungen vielleicht nicht ganz entspricht?
Das ist natürlich ein Prozess. Im Alter von 10 bis 12 kann man noch nicht viel sehen, aber im Laufe der Zeit natürlich schon. Jemand, der über 1,80 Meter oder 1,90 Meter groß ist, hat natürlich eine Chance, in der sogenannten schweren Klasse zu rudern. Wenn jemand kleiner ist, gibt es eine Leichtgewichtsklasse beim Rudern, das ist möglich. Aber dann wird es irgendwann in Sachen Olympia eng, weil es da keine Leichtgewichtsklasse gibt bzw. nur noch in einem Boot. Aber bei den deutschen Meisterschaften kann man auch als Leichtgewicht starten. Da gibt es also mehrere Wege weiterzukommen. Was auch vorkommt, ist wenn jemand skullt, also in jeder Hand ein Ruder hat, dass er gerade dann besonders schnell ist, wenn er nicht ganz so groß, aber besonders ausdauernd ist und elegant rudert. Da gibt es nicht so eine Schwarz-Weiß-Linie.
Also würden Sie sagen, dass Sie auch aufgrund der unterschiedlichen Klassen für jeden was dabei haben, der rudern möchte?
Ja, das schon. Aber der Durchschnitt der Ruderer liegt so bei 1,80 Meter und mehr, das selektiert sich natürlich dann schon so heraus.
In vielen anderen Sportarten ist es ja der Fall, dass man früh beginnen muss, um später an Wettbewerben teilnehmen zu können. Haben Sie hier auch ein grobes Alter, in dem man anfangen sollte oder kann man immer beginnen?
Nein, nicht unbedingt. Also man muss hier wie gesagt 10 bis 12 sein um einzusteigen. Es gibt aber auch immer wieder Beispiele, wo Menschen erst mit 21 oder 22 das Rudern erlernt haben und dann trotzdem schnell und gut rudern. Voraussetzung ist in erster Linie eine gewisse sportliche Affinität. Wir haben auch Beispiele, wo jemand aus einem anderen Leistungssport kommt und dann zum Rudern wechselt, die tun sich auch leichter. Es geht mehr um diese drei Dimensionen, die ich eben geschildert habe. Es hilft immer, früh anzufangen, aber das ist kein Ausschlusskriterium.
Wenn du auf eine Regatta fährst, dann tust du das nicht für dich alleine! Du bist immer Teil einer Mannschaft. Du vertrittst immer auch den Verein.”
Geht es hier für die Jugendlichen neben der Technik auch um Dinge wie Disziplin?
Ja, diese schönen, alten Werte gibt es hier auch. Wir haben hier sogar etwas, das wir Trainingsverpflichtung nennen. Fürchterlich brutales Wort, aber wir machen das nach wie vor und sagen den Jugendlichen: Sei dir bewusst, wenn du auf eine Regatta fährst, dann tust du das nicht für dich alleine! Du bist immer Teil einer Mannschaft. Du vertrittst immer auch den Verein. Du ruderst ja im Vereinstrikot. Also benimm dich nicht wie die letzte…
Das sind fünf bis sechs Punkte, die die Jugendlichen durchgehen und für sich dann auch entscheiden müssen: Ja, das unterschreibe ich. Es gibt immer mal einen Ausreißer, es sind ja alles Menschen. Das ist nicht gleich eine Katastrophe, aber eine gewisse Disziplinierung untereinander, die ist schon klar. Stellen Sie sich vor, es ist ein Achter-Training angesetzt, sieben Leute stehen da, der achte kommt eine Stunde später und sagt, die Party gestern wäre so toll gewesen und er musste morgens dann ausschlafen. Dann werden die sieben anderen ihn zur Seite nehmen und sagen: „Pass mal auf, einmal passiert das, aber beim nächsten Mal müssen wir uns einen anderen suchen.“ Und das funktioniert auch untereinander sehr gut.
Ich möchte noch ergänzen: Wir haben natürlich auch Frauen bei uns. Fairerweise muss ich für den Verein sagen, das Verhältnis ist ungefähr ein Drittel zu zwei Drittel. Bei den Frauen läuft das, was ich gerade geschildert habe, im Prinzip genauso wie bei den Männern. Die physiologische Leistungsfähigkeit der Frauen ist natürlich nicht identisch zu der der Männer. Das merkt man an den Zeiten, die gerudert werden; Frauenboote sind in der Regel langsamer als Männerboote. Das ist aber nicht schlimm, weil ja nicht gemischt wird. Aber bei den Juniorinnen erleben wir hier die gleichen Effekte mit der Team-Disziplin wie bei den männlichen Jugendlichen.
Findet auch schon bei den Einsteiger, die 10 bis 12 Jahre alt sind, eine Trennung nach Geschlechtern statt?
Also, das Training findet gemeinsam statt. Im Training mischen wir auch mal die Boote. Im Wettbewerb nicht, es sei denn, es werden sogenannte Mixed-Rennen ausgeschrieben, zum Beispiel Mixed-Vierer, wo dann zwei Mädels und zwei Jungs bzw. zwei Frauen und zwei Männer zusammen rudern. Da gibt es auch als Wettbewerb.
Genießt Ihr Verein außerhalb von Münster eigentlich auch eine gewisse Bekanntheit, oder ist das hier sehr regional ?
Innerhalb der Ruderszene sind wir eine große Familie. Auch dazu eine schöne Geschichte: Ich habe mit meiner Frau in England auf dem Fahrrad die Flitterwochen verbracht. Wir sind an einem Fluss entlanggefahren, und wo in England ein Fluss ist, da ist auch ein Ruderverein. Dort sind wir dann hingefahren, und ich wusste, dass es in vielen englischen Rudervereinen auch einen kleinen Pub gibt. Da waren auch ein paar Leute. Ich habe dann nur mein Trikot gezeigt und gefragt, ob wir dort schlafen können. Kein Problem! Und das ist weltweit so, überall erleben Sie diesen Effekt. Aber dennoch können wir uns nicht mit Bekanntheitsgraden messen wie andere Sportarten, die auch im Fernsehen stärker vertreten sind als wir.
Aber innerhalb der Ruderszene kennt man Sie schon?
Ja, es ist inzwischen soweit, dass hier Austauschschüler mit dem Erasmus-Programm nach Münster kommen, weil sie in ihrer Heimat rudern und wissen: In Münster gibt es einen Verein, in dem man gut rudern kann. Und die versuchen dann, über Erasmus nach Münster zu kommen. Das sind natürlich nicht Tausende von Leuten, aber wenn es drei bis vier sind, sind wir schon stolz wie Oskar.
Wir danken Herrn Bensmann herzlich für das Gespräch und wünschen allzeit gute Fahrt!
Gespräch: Alexander Jacob
Redaktionelle Bearbeitung: Jakob Töbelmann
Fotos: Felix Michaelis
Kommentar hinzufügen