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Wear it healthy!

Die Zahl ökologischer Baumwollfarmen wächst. Das gilt auch für Bio- und Fair-Trade-Modelabels und -hersteller. Dennoch sind die Konsument*innen darüber immer noch kaum im Bilde. Kleidungshersteller versuchen sie mit einer Fülle an Farben, Modellen, Funktionalität und Verfügbarkeit anzulocken. Und die Preise sind niedrig, tatsächlich so niedrig wie nie. Inzwischen ist es also zweitrangig, wie viel man bezahlt, und viel wichtiger, was einem die eigene Gesundheit und die der anderen wert ist.

Rot, orange, blau, türkis, schwarz; wasserdicht, bügelfrei, fleckenabweisend – praktisch überall findet man diese und viele weitere Eigenschaften von Kleidung. Leider kommen für all diese Funktionen und Farben sehr viele Chemikalien zum Einsatz. Die wir dann wiederum täglich direkt auf unserer Haut tragen. So schön unsere Klamotten auch sein mögen, ihre Herstellung ist hässlich. Pestizide in der Kleidung haben nicht nur ernsthafte Auswirkungen auf unsere Gesundheit, sondern hinterlassen vor allem auch bei denen Spuren, die sie produzieren. Wir tragen die Chemikalien, sie atmen sie bei der Produktion ein. Aus diesem Grund ist es wichtig, darauf zu achten, was und wie wir kaufen.

Es erscheint so, als würden im Brandfall die meisten Klamotten auf dem Markt nicht verbrennen, sondern schmelzen! Das liegt am Plastik in der Kleidung. Und das wiederum beeinflusst andererseits auch die Umwelt. Die Studie Release of Synthetic Microplastic Plastic Fibres From Domestic Washing Machines zeigt:

“Mehr als 700.000 mikroskopisch kleine Fasern können beim Waschen in der heimischen Maschine im Abwasser freigesetzt werden, und viele davon durchlaufen ungehindert das Klärwerk und werden in die Natur entlassen, wie neue Forschungen zeigen.” Und damit nicht genug: “Die Verschmutzung der Meere ist ein globales Umweltproblem; Abfälle haben inzwischen natürliche Lebensräume von den Polen bis zum Äquator, von der Meeresoberfläche bis zur Tiefsee kontaminiert. Dieser Müll hat negative Auswirkungen auf die Tierwelt, die Wirtschaft und auf die Gesundheit der Menschen. Über 700 Spezies, einschließlich kommerziell bedeutender Fischarten, sind bewiesenermaßen Müll in den Meeren ausgesetzt.”
(https://www.plymouth.ac.uk/news/washing-clothes-releases-thousands-of-microplastic-particles-into-environment-study-shows; Übersetzung J.T.)

Höhere Preise oder auch der Ruf einzelner Marken sollten nicht ausschlaggebend sein. Offensichtlich enthalten selbst Produkte jener namhafter Marken wie Zara und Tommy Hilfiger dieselbe Menge an Chemikalien, und die Arbeiter*innen in den Fabriken sind in gleichem Maße krebserregenden Ausdünstungen ausgesetzt wie in Fabriken billiger No-Name-Produkte. Schon lange beschäftigt sich Greenpeace mit diesem Thema und bestätigt die Nachlässigkeit der Branche. Ihre Detox-Kampagne will den Gehalt von Chemikalien in der Kleidung senken:

“Greenpeace setzt sich dafür ein, dass die Industrie daran gehindert wird, unser Wasser weiter mit gefährlichen, langlebigen und in den Hormonhaushalt eingreifenden Chemikalien zu vergiften. Die Detox-Kampagne fordert die großen Marken dazu auf, Genugtuung zu leisten, indem sie zusammen mit ihren Zulieferern alle gefährlichen Chemikalien aus der gesamten Versorgungskette und für die gesamte Dauer der Haltbarkeit ihrer Produkte eliminieren.”
(http://www.greenpeace.org/international/en/campaigns/detox/fashion/about/eleven-flagship-hazardous-chemicals; Übersetzung J.T.)

Auch wenn vielen Kund*innen das Angebot noch nicht so bewusst ist, steigt die Zahl ökologischer Farmen an:

“Nachdem es im vergangenen Jahr einen zehnprozentigen Anstieg bei der Produktion ökologischer Baumwolle gegeben hatte, ist sie 2014/2015 leicht um 3,8% gesunken. Offenbar könnte sie 2017/2018 aber wieder ansteigen, da in Indien einige Programme gestartet werden. Insgesamt wird momentan in 19 Ländern ökologische Baumwolle angebaut, auch wenn die fünf größten Anbauländer (Indien, China, Türkei, Kirgistan und die USA) mehr als 92% davon ausmachen.”
(http://aboutorganiccotton.org/stats; Übersetzung J.T.)

Die Vorteile sind enorm. Verbraucher*innen, Produzent*innen, Arbeiter*innen, die Umwelt — alle profitieren davon. Es gibt weniger Verschmutzung, und die Menschen setzen nicht ihre Gesundheit aufs Spiel. Dennoch scheint es so, als brauche es viel Zeit, bis aus einer konventionellen eine Bio-Farm werden kann. Das zeigt, wie ernstzunehmend und stark der Einfluss von Pestiziden sein kann:

“Um als konventionelle*r Landwirt*in das Land nachweislich ökologisch zu machen, dauert es drei Jahre. So lange braucht es, um die Erde von Chemikalien und Pestiziden zu befreien.”
(http://aboutorganiccotton.org/stats; Übersetzung J.T.)

Verbraucher*innen können viele Ratschläge befolgen, um Chemikalien in ihrer Kleidung zu vermeiden und fair zu kaufen. Was man unbedingt beachten sollte: Neue Kleidung vor dem Tragen waschen, Kleidung bis zum Ende ihrer Haltbarkeit tragen, möglichst wenig neue Kleidung kaufen, Bio-Kleidung oder zumindest Second-Hand-Kleidung kaufen, nur volle Maschinenladungen waschen, bei 30°C und mit möglichst wenig Waschmittel (am besten einem umweltverträglichen) waschen, immer die Inhaltsstoffe der Kleidung untersuchen und reine Baumwolle kaufen.

Heutzutage gibt es viele Bio- und Fair-Trade-Startups. Junge Produzent*innen denken mehr über die Folgen ihrer Handlungen nach. Sie wollen fair sein — sowohl der Umwelt und den Verbraucher*innen als auch sich selbst gegenüber. Beste Besipiele für solche Unternehmer*innen sind die sehr bekannten Manomama aus Deutschland oder Slogan aus Polen. Hier wird Kleidung aus ökologischer Baumwolle angeboten, die größtenteils lokal produziert wird. “Wir können die Welt nicht ändern, aber wir können sie jeden Tag ein bisschen besser machen”, sagt Sina Trinkwalder, Eigentümerin von Manomama.

Hervorzuheben sind zudem Initiativen junger Modedesigner*innen, die bewusst fair produzieren. Auf dem Modemarkt aufzufallen ist nicht einfach. Schwerer noch ist es, mit (entsprechend teureren und selteneren) Bio-Artikeln akzeptiert und nachgefragt zu werden. Manche gehen dieses Risiko dennoch ein und nehmen die Herausforderung an. Laura Hesse aus Dortmund eröffnete kürzlich ihre Firma Basic Ape; ihre Kleidung ist bio und fair trade — und zudem sehr modisch. Auf die Frage, warum sie sich ihren Mode-Traum auf die harte Tour erfüllt, antwortet Laura ohne zu zögern:

“Wir können es uns gar nicht wirklich vorstellen, ein Modelabel zu führen, das diese Maßstäbe nicht erfüllt. Wir wollen bei der Mode die Bremse anziehen, auf faire Weise gut gekleidet sein, uns moralisch gut fühlen und Fast Fashion verlangsamen.”
(Übersetzung J.T.)

Vieles kann und sollte man als Verbraucher*in beachten. Uns ist es aber normalerweise lieber, fünf T-Shirts für jeweils 10 Euro zu kaufen als eines für 50 Euro. So müssen wir uns nicht für eine Farbe entscheiden, und wir können eins wegwerfen, wenn es uns zu langweilen beginnt. Es gibt immer neue — bessere! Diese Denkweise ist nur leider falsch. Wir laufen blind der Mode hinterher. Wir lassen und von niedrigen Preisen verführen, die nur ein Marketing-Trick sind. In unserem Denken sind die Firmen und Konzerne die Schuldigen, die die Umwelt und die Gesundheit ihrer Angestellten zerstören, und es ist nicht unser Problem. Dabei sind wir diejenigen, die ihnen das Geld geben.

Text: Daria Jaranowska
Übersetzung aus dem Englischen: Jakob Töbelmann

Daria Jaranowska

Journalistin, Projektkoordination und Koordination Bürgermedien im Bennohaus.

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