Vielfalt an einem Ort zur gleichen Zeit erlebbar machen. Davon träumen zahlreiche Menschen, politische Parteien und soziale Initiativen. Jedoch sieht die Realität meist anders aus: Anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, kommt es ab einem bestimmten Zeitpunkt zu einem Nebeneinanderbestehen zwischen Organisationen und Vereinen, die allesamt die gleiche Zukunftsvision verfolgen. Vielen wissen, was sie wollen, doch wie erreicht man diese Ziele, und ist unsere Gesellschaft überhaupt noch zeitgemäß für die Bedarfe eines jeden Einzelnen?
Dieser Frage ist die Journalistin Julia Fritzsche aus München in ihrem Buch “Tiefrot und radikal bunt” nachgegangen. Dort spricht sie über ein linkes Narrativ, was die Gesellschaft derzeit dringend benötigt. In einer Zeit, in der rechte Positionen und Gewalttaten immer mehr in den Mittelpunkt gelangen, ist eine linke Antwort darauf gefragt. Julia Fritzsche hat Menschen getroffen und sie in ihrem Alltag begleitet. Einige von ihnen leben bereits in einer Gesellschaft, die auf die kollektiven Bedürfnisse ausgerichtet ist und unsere profitorientierte Welt in Frage stellt. Tiefrot und radikal bunt liefert keine konkreten Antworten, vielmehr versucht es, die sozialen Fragen und Kämpfe mit einer anderen Ökonomie zu verbinden.
Inspiriert von diesen Leitgedanken lud Werner Szybalski Ende November 2019 Vereinigungen, Organisationen und Institutionen Münsters zum ersten Festival der Vielfalt ins Paul-Gerhardt-Haus ein. Folgende Organisationen waren dabei: Bündnis Münster gehört uns allen, Bürgerinitiative Uppenberg, Europäische Bürgerinitiative „Housing for all“,Gesellschaft für bedrohte Völker – Regionalgruppe Münster, LEG-Mieter*innen-Initiative Münster, Pflegebündnis Münster, Rosa-Luxemburg-Stiftung Nordrhein-Westfalen und Seebrücke Münster.
Der Höhepunkt des Abends sollte die Lesung der Journalistin Julia Fritzsche bieten, die krankheitsbedingt nicht anwesend sein konnte. Die Lesung konnte glücklicherweise Anfang Dezember in der Zukunftswerkstatt nachgeholt werden.
Julia Fritzsche ist preisgekrönte Journalistin und Autorin. Sie schreibt unter anderem für den Bayerischen Rundfunk, arte oder analyse und kritik.
Mit ihrem Buch gelingt es, Geschichten mit neuen Ansätzen zu verknüpfen und diese anschaulich darzustellen. Zum Abschluss gab es die Möglichkeit, die Denkanstöße, die Fritzsche in ihrem Buch greifbar macht, weiter auszuführen oder darüber zu diskutieren. Ein Besucher kritisierte die Anglizismen, die sowohl in Fritzsches Buch als auch in den aktuellen Diskussionen immer wieder vorkommen. Dies erschwere den Einstieg für andere Gruppen in die Diskussionen. Ein ebenfalls kontroverses Diskussionthema bildete das sogenannte Framing. Begriffe wie “Flüchtlingskrise” oder “Obergrenze” schaffen ein negatives Gerüst um ein so wesentliches und soziales Themengebiet. “Ein eigenes Framing muss her, was dagegenhalten kann.” , so die Autorin.
Das erste Festival der Vielfalt nahm mit der Lesung ein wirksames Ende. Ein reger Austausch begünstigte neue Ideen und Konzepte für eine neue solidarische und bunte Zukunft. Am 2. Mai 2020 werden erneut Tore und Türen für ein zweites Festival der Vielfalt geöffnet.
Fotos: Carolin Wart
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