„Nie wieder Krieg!“: Eine der zentralen Parolen der Friedensbewegung – in „Szene gesetzt“ von Käthe Kollwitz 1924. Quelle: de.wikipedia.org/.
Eine ganz kurze Einführung in die Geschichte der Friedensbewegung
Die Friedensbewegung gibt es seit über 200 Jahren. Die ersten Friedensgruppen bildeten sich Anfang des 19. Jahrhunderts zu Zeiten der sogenannten Befreiungskriege gegen die napoleonische Vorherrschaft in Europa. Sie traten als liberale Bewegungen „für Menschenrechte, soziale Verbesserungen, Freihandel, die Abschaffung der Sklaverei ein“ [1] und lehnten – meist aus ethischen und religiösen Gründen – auch jede militärische Gewalt ab. Mit dem Erstarken des Liberalismus Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen diese Gruppen. Das mündete in internationalen Friedenskongressen wie 1843 in London, 1848 in Brüssel, 1849 in Paris und 1850 in Frankfurt am Main. Erste Erfolge konnte die Friedensbewegung mit der Gründung des Roten Kreuzes (1863) und der Verabschiedung der ersten Genfer Konvention (1864) als erste internationale Vereinbarung des modernen Völkerrechts erringen. Weitere Konventionen des Völkerrechts folgten.
Bertha von Suttners Roman „Die Waffen nieder“
1889 erschien Bertha von Suttners Roman „Die Waffen nieder“ [2]. Der Roman beschreibt, aus Sicht einer Ehefrau, die Schrecken des Krieges und sensibilisierte die Gesellschaft für die Problematik von Krieg und Frieden in einer völlig militarisierten Gesellschaft des Kaiserreichs. 1892 war sie auch eine der führenden Persönlichkeiten, die die Deutsche Friedensgesellschaft, die älteste noch bestehende deutsche Vereinigung von Kriegsgegner*innen, mitgründete. 1905 erhielt Bertha von Suttner den Friedensnobelpreis.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu.
„Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“
Auch die Sozialdemokratie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts lehnte Krieg ab, schließlich verliefen die Fronten nicht zwischen den unterschiedlichen Staaten, sondern zwischen den Klassen – staatenübergreifend. Das fand Ausdruck in der Parole „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ (Kommunistisches Manifest [3], 1848).
Nichtsdestotrotz konnte die Friedensbewegung – trotz Massenbasis in der Sozialdemokratie und linksliberalen Kräften – den Ersten Weltkrieg nicht verhindern. Sie wurden überrascht von der Entwicklung, da die Hinterzimmerdiplomatie der Regierungen nicht öffentlich wurde. Manch eine*r glaubte dann auch an die These des Verteidigungskrieges, die Sozialdemokratie stimmte den Kriegskrediten zu, die erst den Krieg möglich machten. Das war auch die erste Zerreißprobe für die Sozialdemokratie: 1917 wurden 19 SPD-Abgeordnete wegen ihres Anti-Kriegs-Kurses aus der SPD ausgeschlossen. Sie gründeten im April des Jahres dann die USPD.
Weimarer Republik
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Völkerbund gegründet. Dieser sollte statt durch Kriege Verhandlungslösungen zwischen den Staaten ermöglichen.
Ernst Toller, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Erich Mühsam, Karl Kraus, Erich Kästner, Bertolt Brecht, Friedrich Wolf, Käthe Kollwitz, Otto Dix und John Heartfield warnten nach dem Ersten Weltkrieg in ihren Schriften vor neuen Kriegen. Die „Arbeiter-Illustrierte-Zeitung“ (AIZ) [4] und „Die Weltbühne“ [5] waren die bekanntesten Zeitungen, in denen sie veröffentlichten. Beide Zeitungen waren Kontrapunkte zum monopolistischen Zeitungsmarkt, der durch den Reaktionär Hugenberg und sein Zeitungsimperium geprägt war.
John Heartfield, Krieg und Leichen – Die letzte Hoffnung der Reichen, Doppelseite aus der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung, 1932, Nr. 18. Foto: Viola Renate, CC BY 2.0.
Der Aktionsausschuss „Nie wieder Krieg“ konnte bis 1926 große Massendemonstrationen mit steigenden Teilnehmer*innenzahlen am damaligen Antikriegstag, dem 1. August (Beginn des Ersten Weltkriegs), organisieren.
Das alles half nichts: Die politische Entwicklung mit dem Erstarken des Nationalismus in Europa und des Faschismus in Deutschland und Italien mündete in den Zweiten Weltkrieg.
Friedensbewegung in der BRD
Auch in der BRD formierte sich wieder eine Friedensbewegung. Schon Anfang der 1950er-Jahre formierte sich die „Ohne mich“-Bewegung [6] gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik. Später folgte die „Kampf-dem-Atomtod“-Bewegung [7] gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr. Höhepunkt dieser Kampagne waren im Frühjahr 1958 Massenkundgebungen mit insgesamt etwa 1,5 Millionen Teilnehmer*innen.
Ostermarsch 1960 von Hamburg nach Bergen-Hohne. Quelle: wikimedia.org.
Ab 1960 wurden dann jährlich Ostermärsche [8] durchgeführt. Sie wurden zu einer festen Institution in der Bundesrepublik. Zunächst als Manifestation gegen die nukleare Bewaffnung der Bundesrepublik und für Abrüstung. Später wurden je nach politischen Gegebenheiten die Themenfelder erweitert.
Die Ostermärsche fanden 2019 in rund 100 Städten statt. Zentrale Forderungen bei den Ostermärschen waren Abrüstung, eine atomwaffenfreie Welt und der Stopp von Rüstungsexporten. Die Zahl der Teilnehmenden sei leicht angestiegen, so das bundesweite „Netzwerk Friedenskooperative“ [9].
Gegen den NATO-Doppelbeschluss
Als Höhepunkt der bundesdeutschen Friedensbewegung kann die Kampagne gegen den NATO-Doppelbeschluss[10] angesehen werden. Die Westmächte wollten durch die Stationierung der atomar bestückten US-amerikanischen Mittelstreckenraketen Pershing II in Europa die UdSSR „totrüsten“. Gegen diesen „atomaren Wahnsinn“ demonstrierten am 10. Oktober 1981 auf der Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 300.000 Menschen. Am 22. Oktober 1983 folgte dann der große Protest mit insgesamt 1,3 Millionen Menschen in Bonn, Berlin, Hamburg sowie zwischen Stuttgart und Ulm. Nichtsdestotrotz wurde der NATO-Doppelbeschluss von der sozial-liberalen Bundesregierung umgesetzt.
Friedensdemonstration am 10. Oktober 1981 im Bonner Hofgarten. Quelle: wikimedia.org.
Wechselvolle Geschichte der Friedensbewegung
Damit unterlag die Friedensbewegung Höhen und Tiefen. Oft hing es damit zusammen, wie sich SPD und später die Grünen zu einzelnen aktuellen politischen Friedensfragen verhielten. So spaltete sich die Ostermarsch-Bewegung zum Beispiel mit der ersten sozial-liberalen Bundesregierung 1969. Auch 1998 spaltete sich die Friedensbewegung an der Befürwortung des Krieges gegen Jugoslawien durch die erste rot-grüne Bundesregierung.
Der Autor dieser Zeilen hat sich vor längerer Zeit einmal ausführlich mit der Geschichte der Friedensbewegung auseinander gesetzt:
Frieden! Eine kurze Geschichte der bundesdeutschen Friedensbewegung
http://friedensbewegung.org/
Friedenskooperative Münster
Die Friedenskooperative Münster hat sich im April 2014 gegründet und will Menschen, die Krieg als nicht-legitime Konfliktlösung ansehen, zusammenbringen:
Der Beitrag bei Facebook: https://www.facebook.com/friedenskooperative.muenster/posts/538181846301291
Und schon am 10. April 2014 gab es die erste Diskussionsveranstaltung im Linken Zentrum an der Achtermannstraße. Thema war: „Die neue Kriegsstrategie der NATO und die Auswirkungen auf Münster“. In der Ankündigung hieß es:
Die NATO gehört für die westliche Staaten noch immer als ein zuverlässiges Instrument, ihre Wirtschaftsinteressen im Rest der Welt durchzusetzen: Egal ob die zahlreichen Kriegseinsätze des Militärbündnis nun mit Menschenrechten oder dem Kampf gegen den Terror begründet werden. An dieser Grundtendenz ändert auch die neue NATO-Strategie aus dem Jahr 2010 nichts, wenngleich die Rhetorik gedämpfter erscheint. Wir wollen diskutieren, welche Strategien den aktuellen Einsätzen der NATO zu Grunde liegen, welche Auswirkung sie auch auf die ‚Kasernenstadt‘ Münster hat und welche Möglichkeiten von Widerstand sich vor Ort ergeben?“
„Krieg beginnt hier“: Der neue Ostermarsch in Münster
Und auch die Tradition des Ostermarsches wurde in Münster wieder aufgenommen. Der erste Ostermarsch seit längerer Zeit fand demnach in Form einer Fahrradtour am Ostersamstag, dem 19. April 2014, statt und führte zu verschiedenen historischen oder aktuellen Orten, die in Münster mit Krieg oder Frieden verbunden sind:
Unter dem Motto ‚Krieg beginnt hier‘ wollen wir uns historische und aktuelle Beispiele in dieser Stadt anschauen, welche mit Krieg und Militarismus in Verbindung stehen. Angesichts der aktuellen Krise in der Ukraine und der politischen Forderung nach mehr Kriegseinsätzen der Bundeswehr ist eine aktive Friedensbewegung wichtiger denn je. Auch von Münster aus, das sich gern gerne als Friedensstadt rühmt, werden aktuelle Kriege vorbereitet und logistisch unterstützt.“
Der Aufruf zur Oster-Friedensradtour 2014. Quelle: https://www.facebook.com/events/232503823623776/
Besucht wurde unter anderem das Deutsch-Niederländische Korps als am Afghanistan-Krieg beteiligter Militärstandort. Dort referierte Hubertus Zdebel (MdB Die Linke) über die Rolle des Korps‘ in den damals stattfindenden Kriegen der Bundeswehr. Gegenüber dem Korps steht das „Stalingrad-Denkmal“, das „aber gerade nicht der zivilen Opfer von Stalingrad erinnert, sondern der Täter“, so berichtete Hugo Elkemann (Friedenskooperative Münster) damals am Denkmal. Die Bundeswehr habe dort bis in die 1980er Jahre der gefallenen Täter gedacht, so Elkemann. Ebenso besucht wurde das Denkmal an Wilhelm Kusserow im Innenhof der Hautklinik, der als Zeuge Jehovas den Kriegsdienst im Faschismus verweigert hatte und dafür hingerichtet und ermordet wurde. Auch war ein kleiner Kriegsgräber-Friedhof Anlaufpunkt der Tour: Dort sind 10 Wehrmachtssoldaten (teilweise erst 17 Jahre jung) bestattet, die noch im Untergang des Faschismus in Münster gegen die Alliierten angetreten sind und „den unnützen Soldatentod sterben“ mussten.
„Krieg beginnt hier…!” – Oster-Friedensradtour 2014
In den folgenden Jahren fanden weitere Ostermärsche statt.
Werben fürs Sterben? Prostest gegen Werbung der Bundeswehr
In unregelmäßigen Abständen organisiert die Friedenskooperative Proteste gegen Militärwerbung auf zivilen Messen und Festen, wodurch die Bundeswehr Jugendliche rekrutieren will. So protestierte die Friedenskooperative zum ersten Mal gegen die Präsenz der Bundeswehr auf dem Hafenfest 2014:
Sie dürfen nicht zulassen, dass Menschen, die friedlich feiern wollen, mit subtilen Rekrutierungsansprachen belästigt werden. Wir sind uns sicher, dass die Mehrheit der Münsteraner*innen Krieg und Gewalt als Mittel der Politik ablehnen.“
Die Analyse der Friedenskooperation damals:
Allerdings müssen wir an einem sehr wichtigen Punkt Einspruch erheben. Laut Webseite der Veranstalter plant die Bundeswehr auf dem Hafenfest einen Werbestand, welcher sich ‚KarriereTreff‘ nennt. Laut einer Studie der Informationsstelle Militarisierung (IMI) sollen mit diesen sogenannten ‚KarriereTreffs‘ insbesondere Jugendliche für die Bundeswehr rekrutiert werden. In der Studie heißt es: ‚Hier geht es nicht um eine Aufklärung um die Chancen und Risiken des Soldatenberufs oder um eine Diskussion über den Sinn und Zweck von Auslands- oder Inlandseinsätzen der Bundeswehr – hier geht es um das Ködern von Jugendlichen.‘ Jungen Heranwachsenden wird beispielsweise suggeriert, dass der Umgang mit Waffen, dessen Zweck es ist, andere Menschen zu töten, harmlos ist und sogar Spaß machen soll. Laut IMI lässt die Bundeswehr dabei beispielsweise junge Menschen an einem Bundeswehr-Flugsimulator der Luftwaffe üben und dabei ‚Jahrmarkts’-Atmosphäre aufkommen.“
Und weiter: „Ein Militärfahrzeug ist jedoch kein Spielzeug, ein Kampfsimulator keine Jahrmarkt-Attraktion und ein Kriegseinsatz keine ‚Karriere mit Zukunft‘“, schrieb damals die Initiative an den Oberbürgermeister Markus Lewe.
An dem Protest der Friedenskooperative unter dem Motto „Kein Werben fürs Sterben“ – denn der Bundeswehr-Stand auf dem Hafenfest wurde natürlich nicht abgesagt – beteiligten sich rund 20 Aktivist*innen. Mit Bannern und einer „Die-In“-Aktion mit rot-bemalten T-Shirts protestierten die Aktivist*innen gegen den Stand der Bundeswehr:
Unter der zynischen Bezeichnung ‚KarriereTreff‘ versucht die Bundeswehr seit Jahren, junge Menschen für laufende und künftige Kriege zu rekrutieren“,
kritisiert die Friedenskooperative erneut. Aus Sicht der Friedenskooperative war die Reaktion der Hafenfest-Besucher*innen auf den Protest überwiegend positiv.
„Kein Werben fürs Sterben” – Protest gegen Bundeswehrwerbung auf dem Hafenfest 2014 (Fotos: Friedenskooperative Münster)
Krieg und Frieden in Münster: Friedensradtouren zu Kriegerdenkmalen
In regelmäßigen Abständen organisiert die Friedenskooperative Fahrradtouren, auf denen die Geschichte von Krieger-, aber auch Friedensdenkmalen thematisiert wird.
Das erste Mal fand eine solche Radtour im Anschluss der Antikriegs-Kundgebung des DGB Münster am 1. September 2014 statt.
Besucht wurden mehrere Denkmale: Zum einen das Denkmal am ehemaligen Gefängnis an der Gartenstraße. Dort gibt es einen Gedenkstein für 17 russische Zwangsarbeiter*innen, die dort ermordet wurden. Ebenso wurde das „Adler-Denkmal“ besucht, das das „letzte Gefecht“ des Ersten Weltkrieges „feiert“. Aber ebenso ging es zur Paul-Wulf-Skulptur. Paul Wulf war als Zwangssterilisierter Opfer des NS-Euthanasie-Programms und später antifaschistischer Aufklärer. Weiterhin wurden weitere militaristische Denkmäler besucht. So waren Stationen das Train-Denkmal (Heroisierung einer Militäreinheit, die am Völkermord an den Herero und Nama und an der Niederschlagung des „Boxer-Aufstandes“ in China beteiligt war) und zum Dreizehner Denkmal, das Einheiten der Weltkriege glorifiziert.
Antikriegstag in Münster des DGB: Anschließende Friedensradtour
Friedensratschlag: Erste Friedenspolitische Tagung in Münster
Im neuen Jahr fand dann der erste Friedensratschlag im Internationalen Zentrum „Die Brücke“ an der Uni Münster statt. Es gab einen virtuellen Stadtrundgang zu Kriegerdenkmalen und militarisierten Orten in Münster. Anschließend referierte Lühr Henken von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) aus Tübingen über „Neue NATO-Strategien und Perspektiven des Widerstandes“. Dabei ging es auch „um die damit verbundene Stationierung der neuen NATO-‚Speerspitze Ost‘ in Münster“. Ebenso wurde über kommunalpolitische Friedensforderungen und die Planung für die weitere Friedensarbeit im Jahr 2015 diskutiert.
Seitdem fanden jährlich solche Friedensratschläge statt.
Diskussion um Volkstrauertag: Der Wehrmachtsspruch „Treue um Treue“ in der Kritik
Seit jeher fand der Volkstrauertag am Dreizehner Denkmal an der Promenade Höhe Stadtbad Mitte statt. Der Volkstrauertag ist der zentrale bundesdeutsche Gedenktag, an dem der „Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen“ gedacht wird. Er findet jedes Jahr zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag statt.
In Münster war der Volkstrauertag schon seit jeher umstritten. So waren am Anfang NPD und HIAG, eine Hilfsorganisation für Angehörige der verbotenen Waffen-SS, am Volkstrauertag beteiligt. Auch später wurde oft gegen den Volkstrauertag protestiert, da dort rechte Burschenschaften, der Bund der Vertriebenen (mit ihrer damals rechtslastigen Vorsitzenden) und oft auch Wehrmachtsveteranen beteiligt waren.
Proteste gegen diese Art des Gedenkens gab es Ende der 1970er und Anfang der 1980er und auch in den 2000er Jahren.
Im Jahr 2015 reagierte die Friedenskooperative Münster mit deutlicher Kritik auf die Planungen der Stadt Münster zum Volkstrauertag:
Der zentrale Spruch auf dem Dreizehner-Denkmal lautet ‚Treue um Treue‘. Dieser wurde aus Sicht des Bundeswehr-Inspekteurs des Heeres, Bruno Kasdorf, ‚im Wesentlichen durch die Verwendung als Motto der Fallschirmjägertruppe der Wehrmacht geprägt‘. Aus diesen Gründen darf der Slogan auf Weisung des Verteidigungsministeriums seit Anfang 2013 von Seiten der Bundeswehr auf Gedenktafeln nicht mehr verwendet werden. Trotzdem will die Stadt Münster gemeinsam mit der Reservistenkameradschaft, der Kriegsgräberfürsorge und dem Bundeswehr-Musikkorps genau vor jenem Wahlspruch am kommende Sonntag Kränze niederlegen.“
Quelle: https://www.facebook.com/friedenskooperative.muenster/posts/849591661826973
Nach dieser Kritik fand der Volkstrauertag im Jahr 2015 zwar noch am Dreizehner Denkmal statt. Aber schon für 2016 hatte die Stadt beschlossen, dass der Volkstrauertag im Jahr 2016 nicht mehr dort stattfinden sollte. Seitdem findet er auf dem „Platz des Westfälischen Friedens“ im Rathausinnenhof an der Friedensskulptur „Toleranz durch Dialog“ des Künstlers Eduardo Chillida [11] statt.
Die Westfälischen Nachrichten berichteten damals:
Volkstrauertag-Gedenken am Rathaus: Kranzniederlegung wird verlegt
Münster – Nach der Kritik am Ort der Kranzniederlegung beim Volkstrauertag im vergangenen Jahr soll dieser Teil der Gedenkfeier verlegt werden.
https://www.wn.de/Muenster/Muenster/2016/05/2367283-Volkstrauertag-Gedenken-am-Rathaus-Kranzniederlegung-wird-verlegt
Ein voller Erfolg für die Friedenskooperative.
Mahnwache gegen die Beteiligung die Bundeswehr am Krieg in Syrien
Zum Ende des Jahres 2015 fand dann am 3. Dezember eine Mahnwache „Wir sagen NEIN zur deutschen Kriegsbeteiligung in Syrien“ vor dem historischen Rathaus statt.
Damals schrieb die Friedenskooperative dazu:
Bereits am Freitag, dem 4. Dezember 2015, soll der Deutsche Bundestag über eine deutsche Kriegsbeteiligung in Syrien abstimmen. Bis zu 1200 Soldaten, Aufklärungstornados zur Zieldefinition und ein deutsches Kriegsschiff sollen sich am Krieg gegen den Terror beteiligen. Allein für ein Jahr wird dieser Einsatz 134 Millionen Euro kosten. Terrorismus lässt sich niemals mittels Krieg bekämpfen: Wir sagen NEIN zu deutschem Militär in Syrien und JA zur politischen Lösung!“
Stattdessen solle die Bundesregierung folgende Forderungen umsetzen:
- Kein Einsatz der Bundeswehr in Syrien
- Stopp aller Waffenlieferungen in die Region
- Austrocknung der Finanzierungs- und Einnahmequellen des „Islamischen Staates“ und anderer Terrormilizen
- Auf ihre regionalen Verbündeten, besonders die Türkei, Saudi Arabien und Katar, Druck auszuüben, damit diese jegliche Unterstützung der Terrororganisationen einstellen“
2016/17: Gegen Werbung der Bundeswehr an Schulen und auf dem Stadtfest
Das Jahr 2016 stand – neben dem traditionellen Ostermarsch – ganz in der Kritik an Werbung der Bundeswehr an Schulen: So sollte die Bundeswehr am 27. Juni 2016 Karriereberater*innen im Rahmen einer Projektwoche an das Gymnasium Wolbeck entsenden. Die Bundeswehr sollte dort auch Minderjährige (10. bis 12. Jahrgangsstufe) im Sinne einer Karriere bei der Bundeswehr beraten. Dabei kritisiert die Friedensbewegung seit Jahren, dass dadurch bei Minderjährigen „für den künftigen Kriegsdienst geworben werden“ solle, trotz eines UN-Verbotes von Kindersoldaten.
Hugo Elkemann, Sprecher der Friedenskooperative, erklärt damals:
„Wir wollen nicht, dass die Bundeswehr Einzug in Münsters Klassenzimmern hält. Die Bundeswehr versucht schon seit langem insbesondere Jugendliche in den Kriegsdienst zu locken. Dabei schreckt die Bundeswehr auch nicht davor zurück, in Schulen bei Minderjährigen zu werben. 2015 waren über 1500 Rekruten bei der Bundeswehr minderjährig. Die Friedensbewegung kritisiert seit langem, dass der Kriegsdienst in der Bundeswehr als ein Beruf wie jeder andere verkauft wird. Die Bundeswehr ist weltweit in Kriege um Rohstoffe und Absatzmärkte verstrickt.
Verschwiegen wird, dass viele Soldaten – wenn sie überleben – mit schweren Trauma-Schäden zurückkehren. Aus Afghanistan kamen beispielsweise 2014 offiziell über 200 schwer traumatisierte Bundeswehr-Soldaten aus dem Kriegseinsatz zurück.
Die Dunkelziffer ist höher. Wenn Münster seinem Namen als vermeintliche Friedensstadt gerecht werden will, dann sollte die Stadt einschreiten und den Besuch der sogenannten Bundeswehr-Karriereberater unterbinden. Wir hoffen auch, dass Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen an der Schule gegen den Bundeswehr-Besuch aufstehen.“
Eine Infoveranstaltung zum Thema fand am 22. Juni 2016 unter dem Motto „Infos und Hintergründe: Kein Werben fürs Sterben – weder in Wolbeck noch anderswo“ im Medienforum am Verspoel statt.
Die Diskussion um das Für und Wider der Berufsberatung der Bundeswehr an Schulen fand in der Münsteraner Presselandschaft zunächst nur wenig Widerhall. Aber am 26. Juni, einen Tag vor dem Bundeswehr-Projekttag, berichteten die Westfälischen Nachrichten dann doch ausführlich, nachdem Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter von Die Linke, sich in die Debatte eingemischt hatte:
Quelle: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=557015061153112&set=a.172100446311244&type=3&theater
Ebenso wurde am 08. Juli 2016 gegen einen Bundeswehrwerbestand auf dem Stadtfest protestiert und am 30. September 2016 eine Protestnote gegen Bundeswehr-Karriereplanung am Pascal-Gymnasium veröffentlicht.
Auch 2017 wurde gegen die Bundeswehrpräsenz auf dem Stadtfest demonstriert: Damals resümierte die Friedenskooperative:
Das war ein starkes Zeichen gegen die Rekrutierungsoffensive der Bundeswehr auf dem Stadtfest. Rund 100 Menschen beteiligten sich an der Aktion und ließen 99 Luftballons für den Frieden steigen. Wir haben viele Menschen zum Nachdenken gebracht und viel Zuspruch erhalten. Die Fotos sprechen für sich selbst. Die Stadt muss nun endlich handeln: Statt in Sonntagsreden von der Friedensstadt Münster zu fabulieren, muss endlich Widerspruch her, wenn Minderjährige und sogar Kinder von PR-Profis der Bundeswehr auf Münsters öffentlichen Plätzen angelockt werden. Der Soldatenberuf ist kein Beruf wie jeder andere und Krieg ist kein Abenteuerspielplatz.“
Quelle: https://www.facebook.com/friedenskooperative.muenster/posts/1332625613523573
Protest gegen Bundeswehr auf dem Stadtfest 2017 (Fotos: Friedenskooperative Münster)
Gegen Bundeswehr-Hüpfburgen als BW-Werbung für Kinder
Nachdem das Jahr 2018 wieder ganz im Zeichen des Friedensratschlags, des Ostermarsches und des Protestes gegen die Bundeswehr auf dem Stadtfest im Sommer stand, protestierte die Friedenskooperative am Samstag, dem 15. Juni 2019, gegen den „Tag der Bundeswehr“ in der Lützow-Kaserne in Handorf. Aus Sicht der Friedenskooperative war dies „eine große Propaganda-Show“. Die Bundeswehr wolle sich als „bürgernah inszenieren“:
In Wirklichkeit soll mit dieser Art militärischer ‚Volksfeste‘ neuer Nachwuchs und Zustimmung zur aktuellen Militärpolitik geworben werden. […]
Die Erfahrung zeigt: Mit Hüpfburgen werden gezielt Kinder auf das Fest gelockt. Sie sollen ‚nebenbei‘ noch an deutsche Waffensysteme gewöhnt werden, die dort ebenfalls ausgestellt werden. Um ihr Image aufzupolieren, greift die Bundeswehr zu allen Mitteln. Auf ihrer Facebook-Seite kündigt die Bundeswehr gar eine ‚Umweltschutz-Ausstellung‘ beim Tag der Bundeswehr an, so als hätte das Führen von Kriegen und die Zerstörung der Umwelt nichts miteinander zu tun. Es geht aber um mehr als das.
Die Bundeswehr ist immer häufiger militärisch im Ausland aktiv: Von Afghanistan über Syrien bis nach Mali. Dabei geht es darum, ‚deutsche‘ Interessen – also die Interessen deutscher Banken und Konzernen – mit Waffengewalt durchzusetzen. Events wie der ‚Tag der Bundeswehr‘ sind der Versuch, uns von der deutschen Militärpolitik zu überzeugen und Kriegsstimmung zu verbreiten. Da für die Kriegseinsätze zudem immer mehr Soldatinnen und Soldaten verheizt werden, wirbt die Armee mit immer skrupelloseren Mitteln neue Rekrutinnen und Rekruten. Dabei macht sie jungen Menschen Versprechungen, die sie später nicht einhalten kann. Von gefährlichen Kriegseinsätzen, verletzten und toten Soldatinnen oder Soldaten sowie der verpflichtenden Teilnahme an Auslandseinsätzen ist in der Armee-Werbung keine Rede. Das würde sicher auch nicht zur Feststimmung passen.
Wir sagen deshalb: Kein Werben fürs Töten und Sterben! Schließt Euch unserer Gegenkundgebung an.”
Die Protestkundgebung fand am 15. Juni um 10 Uhr vor der Lützow-Kaserne in Münster-Handorf statt.
Damals berichtete „Münster Tube“:
2020 ohne Ostermarsch
Im Jahr 2020 stand es für die Friedensbewegung in Münster auch schlecht. Der Ostermarsch fand wegen der Corona-Pandemie nicht auf der Straße statt. Aber: Er fand in Kooperation mit „Münster Tube“ virtuell im Internet statt:
Nichtsdestotrotz meldete sich die Friedensbewegung im Herbst wieder auf der Straße zu Wort. So fand am 8. August 2020 eine Mahnwache zum Gedenken an die Atombombenabwürfe der USA auf Hiroshima und Nagasaki auf dem Ludgeriplatz anlässlich des 75. Jahrestages statt. Die Mahnwache fand in Kooperation mit der DKP Münster, der DFG-VK Münster, pax christi Münster, SDS.dielinke Münster, dem DKGZ Münster und dem DKFK Senden statt.
Gedenken an die Atombombenabwürfe der USA auf Hiroshima und Nagasaki
Hü oder Hott bei der Danziger Freiheit
Aber ebenso mischte sich die Friedenskooperative in die Diskussion um die mögliche Umbenennung der Danziger Freiheit an der Warendorfer Straße ein. Die Friedenskooperative hatte schon im Vorfeld an die Bezirksvertretung einen Antrag gestellt, den Namen Danziger Freiheit einfach aufzuheben, da es keine Anwohner an dem Platz gebe. Ebenso solle die Bushaltestelle umbenannt werden.
Der Hintergrund ist, dass die Danziger Freiheit 1934 so benannt wurde. Damals war die Stadt Danzig eine freie Stadt, die unter Schutz des Völkerbundes stand. Aber auch dort regierten schon die Nazis und forderten, dass Danzig „Heim ins Reich“ solle – mit Korridor zum deutschen Reich (auf Kosten von Polen). Deshalb sollten ganz viele Straßen im „Reich“ eine Straße oder einen Platz mit Namen „Danziger Freiheit“ bekommen. So wurde auch in Münster ein kleiner Platz so benannt.
Der Name des Platzes ist also damals ein Affront gegen den polnischen Staat gewesen und unterstrich den damaligen Hegemonialanspruch des Deutschen Reiches gegenüber Polen. Dass eine Straße noch so benannt ist, ist also gar nicht nachvollziehbar.
So gab es auch verschiedene Bestrebungen in der rot-grün dominierten Bezirksvertretung Mitte diesen Platz umzubenennen.
Die Grünen wollten in einer ersten Sitzung dem Antrag der Friedenskooperative Münster folgen und den Namen des Platzes einfach abschaffen. Da wollte die SPD nicht. Sie wollten eine Umbenennung der Danziger Freiheit später in einem großen Umschlag mit einer Diskussion um die anderen nach Personen des deutschen Militarismus benannten Straßen regeln. Später sollte es in einer zweiten Sitzung doch noch zu einer Einigung kommen. Dann wollte die SPD aber plötzlich, den Platz nach Marga Spiegel zu benennen. Und wieder gab es keine Einigung.
In einem Video bei Münster Tube hat sich dann auch Hugo Elkemann von der Friedenskooperative Münster zu Wort gemeldet:
Münster: „Wir behalten hier vorerst den ‚Weg nach Auschwitz‘“ (Hugo Elkemann, Frieko Münster)
Ausblick
Und da die Corona-Pandemie im Moment ganz gut eingedämmt ist, gibt es wieder Friedensradtouren in Kooperation mit der DFG-VK um die Promenade. Es werden wieder viele Friedens- und Kriegerdenkmale besucht und dort wird es viele Informationen zu den Denkmalen geben.
Es werde rund um den „Lindenkranz der Promenade die Blutspur des preußisch-deutschen Militarismus“ nachvollzogen. „Von den Einigungskriegen mit der Niederschlagung der Pariser Kommune, den Kolonialkriegen und Völkermorden, den Verbrechen des 1. und 2. Weltkrieges führt diese Spur bis in die Gegenwart“, so heißt es in der Ankündigung (Facebook).
Die erste Radtour fand am Antikriegstag statt. Eine weitere Friedensradtour findet am Tag des offenen Denkmals am 13. September statt. Beginn ist um 15:00 Uhr am Zwinger. Es sollen natürlich die Corona-Bedingungen (AHA – Abstand, Hygiene, Alltagsmasken) gelten. Mund-Nasen-Schutz soll also mitgebracht werden.
Kontakt:
Die Friedenskooperative Münster bei Facebook: https://de-de.facebook.com/friedenskooperative.muenster
Bundesweite Organisationen:
Bundesweiter Friedensratschlag
https://www.friedensratschlag.de/
Netzwerk Friedenskooperative
http://www.friedenskooperative.de/
Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen
http://www.dfg-vk.de/
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