Vendetta heißt der Titel eines Films aus dem Jahr 2005, in dem ein maskierter Freiheitskämpfer im Jahr 2020 gegen einen autoritären Staat kämpft und gleichzeitig persönlich Rache nimmt. Der Buchstabe „V“ steht natürlich noch am Anfang von weiteren Begriffen wie dem englischen Wort „Victory“, das sich das Handzeichen mit ausgespreiztem Zeige- und Mittelfinger mit dem Peace-Zeichen der Friedensbewegung teilt. Im Deutschen fallen mir weitere Begriffe ein, die mit dem Buchstaben „V“ beginnen: Vertrauen, Verantwortung, Volkspartei, Volksvertreter, Verrat, Verarschung und Vetternwirtschaft.
Reden wir von etwas anderem und kommen wir zum Buchstaben „R“, wie Ruhestand oder Rente. Beides Begrifflichkeiten, mit denen der ehemalige EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft sowie Haushalt und Personal scheinbar nicht viel anfangen kann. Während sich der*die normale Steuerzahler*in im Alter von 67 Jahren auf den wohlverdienten Ruhestand freut und ein anderer Teil der Bevölkerung sich beklagt über die Notwendigkeit von zwei Jobs zum Broterwerb, hat Herr Oettinger seit kurzem 13 neue Arbeitgeber*innen. Das ist natürlich ‘ne Hausnummer. 13-mal einarbeiten in neue Jobs, dabei die 13-fache Leistung erbringen – und das im fortgeschrittenen Alter! Was treibt der Herr Oettinger denn da genau?
Sieben der neuen Arbeitgeber*innen stehen im Lobbyregister. Da kann der Herr schön seine jahrelangen Kontakte in die Gremien der EU nutzen und sie sich versilbern lassen. Aber geht das denn so einfach? Eigentlich gibt es in Brüssel eine zweijährige „Abkühlzeit“, um Interessenkonflikte zwischen der Tätigkeit für die EU-Kommission und späteren Tätigkeiten in der Wirtschaft vorzubeugen. Aber für den Günther ist das kein Problem, weil die Kommission mit seiner alten Unionsfreundin Ursula von der Leyen an der Spitze Ausnahmen genehmigen kann. In seinem Fall sind es nun halt 13 Ausnahmen.
Egal ob als Aufsichtsrat für die Tunnelbaufirma Herrenknecht, Kurator eines politischen ThinkTanks oder weiteren Einstellungen beim Unternehmensberater Deloitte, der Fondsgesellschaft Amundi und der Kommunikationsberatung Kekst CNC. Als wäre das noch nicht genug Arbeit, hat Herr Öttinger noch eine eigene Firma gegründet, die “Oettinger Consulting Wirtschafts- und Politikberatung GmbH”. Mensch, ist der Mann fleißig! Aber was soll man auch anderes machen, wenn man als Politiker vorher nicht in die Rentenkasse eingezahlt hat? Dieser arme Kerl.
Die 14te Ausnahme steht aber noch aus. Sein persönlicher Freund Viktor Orbán hat ihn gebeten, den ungarischen Innovationsrat für Forschung zu leiten. Und wenn einen so ein alter Freund um den Gefallen bittet, das Image der in Verruf geratenen Staatspolitik zu verbessern, wie soll man da schon Nein sagen können? Ehrenmann halt.
Kommen wir abschließend doch noch mal auf den Anfangsbuchstaben des Worts „Vendetta“ zurück. Wenn man sich die Form dieses Buchstaben „V“ anguckt, dann könnte man von einem aus der Mitte ausgehenden Auseinanderdriften zweier Seiten sprechen. Zweier Dinge, die nicht zusammenpassen. Ungefähr so, wie Verantwortung und Vetternwirtschaft. Ist dem Günther aber egal, solange er sich um die Interessen von V-ictor und anderen V-erbündeten kümmern kann.
V und R? VR? Herr Oettinger, war da nicht irgendwas?
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