Gerade in der aktuellen Situation fallen viele Beschäftigungen und Hobbys weg. Man kann sich nicht mehr mit Leuten treffen, Sportangebote werden abgesagt und auch Kulturveranstaltungen entfallen. Da kann es schon mal langweilig werden, wenn man nicht gerade durch Arbeit oder Schule abgelenkt ist.
Aber es gibt auch verschiedene Hobbys, die man von zu Hause aus und mit Freund*innen spielen kann, ohne dass man zusammen an einem Tisch sitzen muss. Eines dieser Hobbys nennt sich “Pen and Paper Rollenspiele”.
Habt ihr den Begriff vielleicht schonmal gehört, aber könnt euch nicht genaueres darunter vorstellen?
Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um Rollenspiele, also ein Spiel, in dem man die fiktive Rolle eines Charakters übernimmt. Quasi das Impro-Theater für zu Hause gemischt mit einem Gesellschaftsspiel.
Man übernimmt als Spieler*in die Rolle eines Charakters, den man sich meistens selbst ausgedacht hat, und zusammen mit den anderen Spieler*innen erlebt man verschiedene Abenteuer. Damit das Ganze aber einigermaßen geordnet abläuft, braucht man – genau wie beim Theater die Regie – jemanden, der das Ganze anleitet, bei Pen and Paper Rollenspielen ist das die Spielleitung.
Die Spielleitung ist dafür da, die Rahmenbedingungen des Abenteuers, das man spielt, festzulegen und übernimmt gleichzeitig alle Rollen der Charaktere, die nicht die Spieler*innencharaktere sind. Während des Rollenspiels stehen euch alle Möglichkeiten offen.
Durch die Spielleitung werden zwar manche Dinge festgelegt und sie weiß auch, was das Ziel des Abenteuers ist. Wie dieses Ziel erreicht wird, entscheiden jedoch die Spieler*innen mit ihren Handlungen und Entscheidungen. Und diesen Handlungen sind fast keine Grenzen gesetzt.
Außerdem legt die Spielleitung das Ziel des Ganzen fest, dass kann sowohl sein, den Bösewicht zu besiegen wie auch die Prinzessin zu retten. Was genau das Ziel ist, ist den Spieler*innen am Anfang aber nicht immer direkt bewusst. Das heißt aber nicht, dass man das Rollenspiel nur so beenden kann, indem man zum Beispiel den Bösewicht besiegt. Vielleicht möchtet ihr euch ja viel lieber auf die Seite des Bösewichts schlagen, aber vielleicht steht ihr dann auch euren Freunden gegenüber, die plötzlich auch euch besiegen wollen.
Außer die eigene Fantasie braucht man für Pen and Paper Rollenspiele auch nicht mehr viel anderes.
Wie der Name schon sagt, braucht man Stift und Papier, da es hilfreich sein kann, sich während des Spiels Notizen zu machen, um den Überblick nicht zu verlieren. Außerdem hat man einen Charakterbogen vor sich liegen, auf dem die wichtigsten Informationen und die Fähigkeiten des eigenen Charakters stehen. Und zu guter Letzt werden Würfel benötigt.
Die Würfel und Fähigkeiten der Charaktere bestimmen darüber, ob man gewisse Dinge schafft oder nicht schafft.
Die zwei Elemente, die man in fast jeder Spielrunde findet, sind Kämpfe und Interaktionen zwischen den Charakteren.
Besonders in den Kämpfen spielen die Würfel eine große Rolle, da man dadurch zum Beispiel bestimmen kann, ob man mit dem Angriff trifft, wie viel Schaden man macht oder auch ob man selbst einem Angriff ausweichen kann.
Der Würfel, der häufig benutzt wird, wenn es darum geht, ob man erfolgreich mit einer Handlung ist, ist der 20-seitige Würfel oder kurz W20. Weitere wichtige Würfel sind W4, W6, W8, W10, W12 und W100. Dabei steht das W immer für Würfel und die Zahl dafür, wie viele Seiten der Würfel hat. Außer bei dem W100, seine Seiten sind in 10er-Schritten beziffert.
Insgesamt gibt es verschiedene Regelsysteme, in denen sich die einzelnen Regeln etwas unterscheiden, aber das Grundprinzip von Pen and Paper Rollenspiele ist das gleiche: Man muss immer würfeln, um zu sehen, wie erfolgreich eine Handlung ist und auch das spontane Rollenspiel findet man überall wieder.
Eines dieser Systeme ist Dungeons and Dragons (kurz D&D), das wohl zu den am bekanntesten Systemen gehört. Dieses wurde 1974 von den Game Designern Gary Gygax und Dave Arneson entworfen und wird mittlerweile von Wizards of the Coast veröffentlicht. Über die Jahre hinweg wurde D&D auch verändert und durch Neuerungen ergänzt. Aktuell befindet es sich in der fünften Version.
D&D gehört zu den Systemen, die in einer Fantasywelt spielen, die Spieler*innen suchen sich also zu Beginn ein Volk, wie Mensch, Elf, Zwerg, Gnom, etc. und eine Klasse, “Paladin”, “Jäger”, “Kämpfer”, “Zauberer” und mehr, aus.
Außerdem gibt es die sechs Attribute Stärke, Charisma, Weisheit, Intelligenz, Verfassung und Geschicklichkeit.
Diese Attribute entscheiden dabei über alle anderen Fähigkeiten, die ein Charakter haben kann. Das kann zum Beispiel die Fähigkeit sein, wie gut man mit Tieren umgehen kann oder auch die Fähigkeit zu Lügen. Würfelt man jetzt, um herauszufinden, ob eine Handlung erfolgreich ist, rechnet man einen Wert von (meistens) eins bis fünf, je nachdem wie fähig man in dem Bereich ist, auf den Wert des Würfels. Dabei ist es gut, ein möglichst hohes Ergebnis zu würfeln, da das die Chance erhöht, dass man erfolgreich ist.
Das war jetzt ganz schön viel Theorie, um das etwas besser darzustellen, hier ein Beispiel:
In einer D&D Runde, in der ich mitspiele, habe ich einen Charakter namens Maira.
Sie ist ein Mensch und ihre Klasse ist Jäger.
Wenn wir jetzt annehmen, dass Maira jemanden überzeugen möchte, ihr ein Geheimnis zu verraten, würde ich einen W20 würfeln und anschließend ihren Charismawert darauf rechnen. Ich habe jetzt eine Acht gewürfelt und Maira hat keinen besonders hohen Charismawert, weshalb ich nur eine Eins drauf rechnen darf. Ich habe also einen Gesamtwert von neun, womit es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass ich besagtes Geheimnis erfahre. Ob und wie viel Maira von dem Geheimnis erfährt entscheidet die Spielleitung.
Eine andere Situation, in der Maira sich befinden könnte, wäre eine Kampfsituation.
Hierbei würde sie vermutlich mit ihrem Langbogen angreifen. Hierbei würde ich wieder einen W20 würfeln und meinen Angriffsbonus darauf rechnen, in diesem Fall eine +9. Ich habe jetzt eine 15 gewürfelt, wäre also insgesamt bei einem Wert von 24, bei dem es sehr wahrscheinlich ist, dass getroffen wird.
Jetzt darf ich auswürfeln wie viel Schaden ich mache. Von meinem Langbogen ist gegeben, dass der Schaden sich aus einem W8 + 5 zusammenrechnet. Ich würfel also meinen W8 und addiere fünf dazu. In meinem Fall mache ich also dieses mal 11 Schaden, da ich eine Sechs gewürfelt habe.
Auch wenn es bei diesem Hobby darum geht, mit anderen Personen zu interagieren, lässt es sich auch super zu Zeiten von “Social Distancing” umsetzen. Mithilfe von Programmen, wie Discord oder Skype kann man übers Internet telefonieren, wenn man eine Webcam besitzt oder ein Smartphone benutzt, sieht man sich dabei sogar.
Man muss sich vielleicht etwas daran gewöhnen, dass die eigenen Freunde nicht mehr gegenüber von einem sitzen, aber abgesehen davon ist das Spielerlebnis nicht anders, als wenn man tatsächlich zusammen an einem Tisch sitzt.
Für eine Session, also eine Spielrunde, kann man sowohl wenig, wie auch viel Zeit einplanen. Es können kleine Runden in einer Stunde gespielt werden, genauso gut kann man aber auch einen ganzen Tag spielen. Persönlich finde ich alles zwischen drei und fünf Stunden sehr passend, da man so nicht direkt wieder aufhören muss, wenn man gerade in seinen Charakter reingefunden hat.
Nach mehr als fünf Stunden fehlt mir aber dann doch irgendwann die Konzentration.
Es gibt auch einen Unterschied in der Länge des gesamten Spiels, das man spielt. Meistens besteht ein Pen and Paper aus mehreren Spielrunden, man sitzt also mehrere Spielrunden hintereinander an derselben Geschichte. Es gibt aber auch Oneshots, also Spiele, die man in einer Spielrunde, meistens vier Stunden, durchbekommt.
Mittlerweile gibt es auch Internetseiten, wie Roll20, die einem das Spielen von zu Hause sogar erleichtern.
So steht dem neuen Corona-Hobby also nichts im Weg.
Pen and Paper Rollenspiel ist also ein Begriff, hinter dem sich sehr viel versteckt und der auch etwas kompliziert zu sein scheint.
Am besten versteht man es auch, indem man es ausprobiert und irgendwann kennt man die ganzen Regeln dann, wie bei anderen Brett- oder Kartenspielen auch, nur mit dem Unterschied, dass jede Pen and Paper Runde was ganz Neues ist.
Das Zusammenspiel aus den spontanen Entscheidungen jedes*jeder Spieler*in und dem Zufall der Würfel sorgt immer wieder für neue Situationen, die man zuvor noch nicht erlebt hat und mit jeder Runde baut man stärkere emotionale Bindung zu den Charakteren auf, vor allem zu dem eigenen.
Und dann fängt man an zu hoffen, dass der nächste Gegner nicht zu stark ist, denn es kann auch passieren, das der eigenen Charakter oder der von jemand anderem in einem Kampf stirbt. Das bedeutet zwar nicht, dass man nicht mehr mitspielen kann, da man sich einen neuen Charakter aussuchen und damit wieder einsteigen kann, aber ihr wollt doch bestimmt lieber euren liebgewonnenen Charakter weiterspielen, oder?
Sollte es dann in der Zukunft auch wieder möglich sein, sich zum Spielen zu treffen, bietet sogar das Bennohaus bald eine eigene Pen and Paper Rollenspielrunde an.
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