Schallplatten, DVDs und Bücher – das alles findet ihr bei einem Besuch in der “Poptanke”, die schon seit 13 Jahren ein fester Bestandteil des Hansaviertels ist. Doch was wäre die Poptanke ohne seinen Gründer – den gelernten Buchhändler Markus Ronne?
Wir haben ihn getroffen und uns mit ihm über seinen Werdegang und die Entstehung der Poptanke unterhalten.
Könntest du dich einmal kurz vorstellen?
Ich heiße Markus Ronne, bin noch 59 Jahre alt und betreibe die Poptanke. Ich bin gelernter Buchhändler und habe hier in Münster studiert, lange erfolglos. Dann hab ich noch die Ausbildung gemacht, jahrelang im Buchhandel gearbeitet, bei Poertgen, Thalia und in Dortmund bei Bücher Krüger. Irgendwann habe ich mir überlegt, ich mache hier die Poptanke, einen Laden mit Schallplatten, Büchern, CDs und DVDs und so ist das Ganze entstanden. Das ist sehr kurz mein Werdegang.
Seit wann gibt es die Poptanke und wie ist die Idee dazu entstanden?
Angefangen ist das am 9. Januar 2010, da habe ich den ersten Laden aufgemacht. Das war noch in der Weselerstraße drüben, ein ganz kleiner Laden, das war ja auch ein Versuchsballon. Ich wusste auch nicht so genau, wie das wird und bin dann umgezogen hier hin, 2015 glaube ich. Es gibt den Laden also jetzt seit gut 13 Jahren. Die Idee entstand dadurch, dass ich, wie gesagt, gelernter Buchhändler bin, da lag das mit den Büchern schon mal nahe, und außerdem habe ich immer gerne Musik gehört, ich habe selber auch eine große Plattensammlung und CD-Sammlung. Diese Art von Laden kenne ich eigentlich nur aus Hamburg, da bin ich früher oft gewesen, weil ich da Freunde hatte und da gab es so ein, zwei Läden, die genau dieses Konzept hatten. In Münster gab es das nicht und dann habe ich mir gedacht, in Münster als Student*innenstadt gibt es ja viele Bildungseinrichtungen, da kommen Bücher schon mal ganz gut und mit Musik kenne ich mich auch ganz gut aus. Dann versuche ich das einfach mal. Genau so ist das entstanden.
Wie bist du auf den Namen deines Geschäfts gekommen?
So genau weiß ich das nicht mehr. Irgendwann ist es mir eingefallen, irgendeinen Namen brauchte das Baby ja. Ich komme aus Melle bei Osnabrück und da ist Tanke halt Tankstelle. Ich weiß nicht, wie das hier in Münster ist, aber wahrscheinlich ähnlich wie bei uns. Und Pop ist klar, populäre Kultur, populäre Musik, Popliteratur gibt es ja auch und irgendwann kam mir die Idee mit dem Namen „Poptanke“ und dann habe ich gedacht, das ist gar nicht so schlecht, das machen wir.
Woraus besteht das Angebot der Poptanke?
Genau, also es gibt Bücher, das ist so von der Menge her das Hauptstandbein, würde ich sagen, und Schallplatten, das ist so vom Umsatz her das Hauptstandbein. Dann ergänzend dazu gibt es natürlich CDs, das wird aber in den letzten Jahren immer weniger, es gibt nur noch so ein paar Hartgesottene. Aber es gibt ja auch eine Menge Musik, die es nur auf CD gibt und nie auf Vinyl gegeben hat, also wird es die CD auch noch weiterhin geben, zumindest was so Sammlerkreise angeht. Und dann passt natürlich DVD auch noch ganz gut dort mit rein. Was ich nicht gemacht habe, waren Spiele, weder Brettspiele noch Konsolenspiele noch PC-Spiele oder was es da alles gibt, weil ich selbst überhaupt kein Spieler bin und mich damit null auskenne. Das hätte sonst auch noch reingepasst, würde ich sagen, aber das habe ich von Anfang an weggelassen.
Gibt es ein Genre, das bei den Kund*innen besonders beliebt ist?
Ne, kann man so gar nicht sagen. Bei den Büchern ist es so, ich habe ja kein Antiquariat, also keine alten Bücher, sondern wirklich nur aktuelle oder gängige Bücher, nicht unbedingt mainstream, aber tagesaktuelle Sachen und das ist auch das, was am besten geht. Wenn irgendein Buch gerade im Gespräch ist, dann fragen mich die Leute auch danach. Gerade ist es dieses „Was man von hier aus sehen kann“ von Leky. Das ist ja momentan auch ein Kinofilm und da fragen jetzt ganz viele danach. Ich hatte es auch schon zwei-, dreimal da, es war dann aber immer sofort weg. Also wie gesagt, aktuelle Sachen gehen am besten. Bei Schallplatten gibt es eigentlich keinen Schwerpunkt. Da gibt es für fast jedes Gebiet irgendwelche Sammler. Ich habe sogar Klassik-Schallplatten, was viele andere Plattenläden nicht haben, aber ich hab da auch meine Kunden, die für so etwas kommen. Ne, da gibt es also eigentlich keinen Schwerpunkt. Das Einzige, wenn es in ein bestimmtes Genre geht, so Reggae, Punk oder Metal, da kriege ich immer zu wenig Nachschub, da ist die Nachfrage schon da, aber ich bekomme einfach nicht genug, um das anbieten zu können.
Was ist deine persönliche Beziehung zur Musik?
Also, ich hab es auch schon mal versucht mit Musik machen, aber das hat nicht geklappt. Ich kann besser Musik hören und habe mich eigentlich, seit ich denken kann, für Musik interessiert. Musik war immer wichtig für mich, ich denke auch ein Tick mehr als bei anderen, so im Mitschülerkeis und so. Ich habe für Musik auch ein gutes Gedächtnis, also für andere Sachen nicht, aber bei Musik kann ich mir echt jeden Scheiß merken. Wenn ich ein Lied ein paar mal gehört habe, dann prägt sich das ein, auch Musik, die ich gar nicht mag.
Wolltest du früher schon immer beruflich etwas mit Musik machen oder hat sich das später erst entwickelt?
Ne, mit Musik gar nicht, die Idee ist mir nie gekommen. Also wie gesagt, ich hab ja auch lange studiert, das war dann nicht so erfolgreich. Es gab aber gedanklich trotzdem zumindest immer diese Option etwas mit Büchern zu machen, zum Beispiel als Buchhändler eine Ausbildung zu machen. Damals, zu Abiturzeiten, von meinem besten Freund die Freundin, die hat nach dem Abi eine Buchhandelslehre gemacht und da dachte ich: „ Ja Mensch, das wäre ja auch was für dich, theoretisch zumindest.“ Das hat bei mir dann noch jahrelang gedauert, aber dann habe ich es gemacht. Und wie gesagt, Musik war dann einfach ergänzend, als es dann um den Laden ging und das Konzept.
Gibt es bestimmte Menschengruppen, die besonders oft bei dir einkaufen oder sind es nur Sammler*innen?
Sammler gibt es bei der Musik. Bei den Büchern sind es vor allem die Leserinnen sehr viel, ja mehr Frauen als Männer, die Bücher kaufen, würde ich sagen, eindeutig. Das ist ja auch im gängigen, stationären Buchhandel so. Und es ist eher ein jüngeres Publikum, das liegt aber glaube ich auch hier am Hansaviertel, das ist ja ein relativ junges Stadtviertel. Insgesamt ist es bunt gemischt, das gilt sowohl für Bücher als auch für Musik.
Wer ist dein Lieblingskünstler*in? Hast du eine Lieblingsplatte?
Also meine Musik ist Achtziger Jahre Independent aus England. So Punk weniger, aber alles was sich daraus entwickelt oder zeitgleich entwickelt hat, Postpunk, also bekannte Namen so was wie „Cure“, „Joy Division“ oder von mir aus auch noch ein bisschen „Depeche Mode“. Ich mag allerdings lieber Gitarrenmusik. Gestern habe ich noch „The Sound“ gehört, total klasse. Ich mag dann aber auch die deutschen Sachen aus der Zeit, die Neue Deutsche Welle, aber jetzt nicht so dieses schlagerhafte, Nena geht zum Beispiel überhaupt nicht oder Hubert Kah oder diese Knallscharschen. Aber so was wie Fehlfarben, Trio, Der Plan oder Andreas Dorau, das sind die Vorläufer der Neuen Deutschen Welle, die haben das Ganze ein bisschen ins Rollen gebracht. Ich mag aber auch Amerikaner, so Alternativ Country oder Uncle Tupelo und noch Sachen aus dem deutschen Indiepop oder Hamburger Schule, Tocotronic und Blumenfeld. Und eine meiner Lieblingsbands über alle Zeiten hinweg ist natürlich noch The Smiths.
Gibt es irgendeine Anekdote aus den letzten Jahren, in denen du hier im Laden gearbeitet hast?
Das Einzige, was mir spontan einfällt ist aber nicht lustig, das war, dass in meinem alten Laden eingebrochen worden ist. Es ist damals nichts kaputt gemacht worden, nur mein Wechselgeld, ein paar Briefmarken und ein gebrauchter Laptop waren weg. Das war jetzt also nicht so schlimm, aber es war trotzdem scheiße vom Gefühl her.
Gab es denn irgendwelche besonderen Begegnungen?
Ich hatte mal Arnd Zeigler hier als Kunden, der hat eine Kolumne, die „ Arnd Zeiglers wunderbare Welt des Pops“, ein Podcast ist das glaube ich. Er ist sonst aber eigentlich eher Moderator, er war früher im Radio und macht sonntagsabends jetzt immer „Arnds Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“. Genau, der war mal hier. Und ich verkaufe ja auch Schallplatten im Internet und da hat mal Mark Lanegan bei mir eine Schallplatte bestellt. Rosemarie Trockel hat auch schon mal was bei mir bestellt, die ist Künstlerin aus Düsseldorf. Ich muss gestehen, dass mir der Name vorher auch nicht bekannt war, aber meine damalige Aushilfe, die hat freie Kunst hier in Münster studiert und hat dann den Versand fertig gemacht und gesagt: „Hier Markus, guck mal, guck mal, Rosemarie Trockel hat was bei uns bestellt!“ Ja, das fällt mir jetzt so spontan ein.
Was hältst du davon, dass Schallplatten auch bei der jüngeren Generation wieder populär werden?
Das finde ich natürlich cool, ich mein ich lebe davon, dass auch viele junge Menschen bei mir Schallplatten kaufen. Also die Jüngsten, die ich mal hatte, also die ohne Eltern hier waren, waren höchstens sechzehn. Kinder gibt es noch nicht, die alleine kommen, aber die kommen trotzdem öfter mal mit ihren Eltern um Comics zu kaufen. Ne, aber prinzipell ist das natürlich eine feine Sache, davon profitiere ich. Ich habe damals auch den richtigen Zeitpunkt erwischt mit dem Vinyl Revival. Das fing meiner Meinung nach schon 2004 so langsam an, aber wirklich ganz langsam. 1994 war die Platte total tot, so 1990/91 kippte das von CD nach oben, Vinyl nach unten und dann fing das 2004 so langsam wieder an. 2010 ging es, würde ich sagen, wieder so richtig los, das ist genau der Zeitpunkt, wo ich den Laden aufgemacht habe. Im Moment wird ja auch alles neu gepresst, was gut und teuer war sowieso, aber auch vieles, was noch in rauen Mengen auf dem Gebrauchtmarkt ist. Da wundere ich mich drüber, dass so etwas dann auch gekauft wird, aber ist ja gut. Ich denke nur immer, junge Leute, die jetzt anfangen mit Vinyl, die haben natürlich so einen riesigen Berg vor sich. Die Beatles zum Beispiel, das war 1964 und das sind ja locker Sechzig Jahre, die man da aufholen muss. Das ist dann eine Preisfrage, ist ja im Moment nicht gerade billig. Also die Neupreise für Vinyl, das ist schon fast eine Unverschämtheit, aber nichtsdestotrotz ist es natürlich toll, dass es so viel Vinyl gibt. Ich bin gespannt wie lange es geht, aber ich glaube, wir haben jetzt eine Spitze erreicht. Es wird vielleicht nicht mehr mehr, aber es wird auch nicht weniger. Wenn es jetzt so bleibt, wie es ist, ist alles gut.
Ein Beitrag von Paula Brieden und Linn Stenert
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