Sei es die Urlaubsreise nach Rom, die eigene Hochzeit oder ein lauer Sommerabend mit Freunden – schnell holt jemand eine Kamera hervor und schießt ein Foto, um den besonderen Moment einzufangen und den Abzug anschließend in einem Fotoalbum zu verewigen. Authentizität und Echtheit sind auch Aspekte, die Franca Hengstermann mit ihrer Kamera einfängt.
Während Fotografie manchen nur als ein Zeitvertreib neben dem Arbeitsalltag dient, hat Franca Hengstermann sich für einen anderen Weg entschieden. Sie fasste den Entschluss, ihr Hobby zum Beruf zu machen und ist nun bereits seit mehreren Jahren als selbstständige Fotografin tätig. In einem Gespräch erzählte Franca uns mehr über ihre Arbeit als Fotografin im Ostviertel und beantwortete unsere Fragen.
Könntest du einmal ein bisschen über dich erzählen, wer du bist und was du machst?
Ich bin Franca, 31 Jahre alt und wohne jetzt seit fast acht oder neun Jahren in Münster. Seit fünf Jahren bin ich selbstständig als Fotografin tätig und habe auch hauptsächlich in Münster meine Kundschaft. Die Ausbildung dazu habe ich vor acht Jahren bei Peter Wattendorff, ich würde sagen einem der besten Fotografen, hier in Münster gemacht und bin auch sehr dankbar dafür. Ich habe super viel gelernt und mich danach eigentlich direkt selbstständig gemacht. In meiner Freizeit bastel ich gerne an meinem Bus herum, liebe unseren Garten und die Möglichkeiten, die sich dort im Sommer so bieten und habe angefangen Musik aufzulegen. Vor kurzem hatte ich meinen ersten größeren Gig in der Sputnikhalle. Das macht mir total viel Spaß und da möchte ich auch gerne weiter dranbleiben. Außerdem haben zwei Freunde und ich im Hadiqa am Güterbahnhof eine Veranstaltung aufgezogen, an der wir weiterhin arbeiten und die zu einem kulturellen Mehrwert für die Stadt heranwachsen soll. Generell macht es mir einfach Spaß, mich in jeglicher Form kreativ auszutoben.
Wie bist du zum Fotografieren gekommen?
Ich glaube, das fing schon mit 15 an. Ich habe immer sehr an Vergangenem gehangen und hatte Angst Dinge zu vergessen, weshalb ich dann angefangen habe, alles festzuhalten. Ich habe das immer weiter vertieft und mich mit 22 oder 23 letztendlich für die Fotografie statt die soziale Arbeit entschieden.
Was gefällt dir am meisten am Fotografieren?
Ich glaube am meisten gefällt mir der Aspekt, dass man durchs Fotografieren super viele verschiedene Menschen und dadurch auch Geschichten kennenlernt, das macht echt Spaß. Jeder Job bzw. Auftrag ist ein anderer, man kommt total viel herum und kann in sehr viele Branchen oder Leben eintauchen, das ist schön.
Hast du bestimmte Vorbilder, die dich inspirieren?
Ja, es gibt ein, zwei Fotografen, die mich auf jeden Fall schon immer inspiriert haben, das sind Martin Parr und die Arbeit von Peter Lindbergh mag ich auch sehr. Er ist bekannt für die sehr natürlichen und authentischen Fotos von Frauen. Natürlich war es damals trotzdem so, dass alle super schlank und total toll aussahen, weil das einfach die Phase in den 80er/90ern war, aber Lindbergh hatte einfach einen sehr ehrlichen Blick fürs Wesentliche, fern ab von Sexualisierung oder sexueller Objektifizierung. Er hatte einen ganz eigenen Stil und damit ist er herausgestochen. Bei Martin Parr ist es ähnlich, seine Bilder sind absolut einmalig. Man kann in seiner Arbeit die Absurdität im Alltag entdecken. Er hat sehr viel in England fotografiert und stellt vor allem skurrile Momente alltäglicher Situationen in Straßen oder an Stränden dar. Das fand ich immer sehr interessant.
Wer sind deine (Haupt-)Kund*innen?
Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen, ich schätze 40% meine Arbeit ist für Hochzeiten und Privatpersonen und 60% Werbung, also Imagefotografie, Business und Mode. Was ich aber gerne noch viel mehr machen würde, ist Modefotografie, da ist definitiv noch Luft nach oben und dafür schlägt mein Herz. Ich mag den künstlerischen Spielraum, der durch die Mode transportiert wird. Du kannst quasi Geschichten erfinden, reale oder surreale und das gefällt mir sehr.
Welche Motive fotografierst du hauptsächlich und was war bis jetzt dein Lieblingsmotiv?
Ich habe in Kapstadt einen Monat verbracht und dort einige Portraits von Menschen gemacht, die mir Random über den Weg gelaufen sind. Einer dieser, war ein Mann, er kam gebürtig aus dem Kongo meine ich, er erzählte mir von seiner Geschichte, seine Familie, also Frau und Kinder leben noch dort und er ging nach Südafrika um Geld für sie zu verdienen, nun arbeitet er 7 Tage die Woche fast 12 Stunden am Tag als Tischler und kann sich kaum seine eigene Miete leisten, er weiß nicht wie er weiter machen soll, er kann weder zurück in den Kongo, noch hat er Geld für die Familie. Das hat mich unfassbar ergriffen und das Bild von ihm zeigt mir immer wieder, welch Privileg wir haben und wie schwer es viele Menschen auf dieser Erde haben. Wenn man tief in seine Augen schaut, sieht man das Leid während sein ganzer Körper in Sägespäne getaucht ist.
Ein weiteres meiner Lieblingsfotos ist auch aus Kapstadt, dazu gibt es keine besondere Geschichte, es war ein junger Mann und er hatte große Freude daran, dass ich ihn fotografiere und hat mir ein tolles Motiv geboten.
Was für eine Kamera und welche Objektive nutzt du gerne?
Es ist auf jeden Fall Canon, die Canon 5D mark 3 und 6D und diese nutze ich nur mit Festbrennweiten, da ist mein Liebling das 35mm oder 20mm von Sigma. Bald wird es jedoch ein Upgrade geben, weg vom Spiegelreflexsystem. Aktuell schwanke ich zwischen Fuji, Sony oder der Canon R-Reihe.
Wie wichtig ist dir die Nachbearbeitung deiner Bilder, passt du nur Kleinigkeiten an oder ist es für dich ein Prozess, bei dem du noch sehr viel aus den Fotos rausholst?
Ich erstelle immer einen Bild-Look, aber auf Retusche versuche ich eigentlich größten Teils zu verzichten. Ich möchte ungern den Menschen an sich verändern, sondern einfach nur einen durchgängigen Stil haben, der meinen Bildern einen Wiedererkennungswert gibt. Aber Retusche nur wenn es sein muss.
Gibt es einen Fotografiebereich, in dem du bisher noch nicht tätig warst und in den du gerne mal reinschnuppern würdest? ( z.B. Konzertfotografie, „Wildlife“-Fotografie, etc.)
Ich möchte in Krisengebieten vor Ort sein, den Menschen dort helfen und gleichzeitig zeigen, was dort abgeht. Aber ich weiß auch, dass das ein sehr heftiger Schritt ist, weil es natürlich mit möglichen Traumafolgen oder Ähnlichem einhergehen kann. Und ich weiß von anderen Fotografen, dass wenn man einmal diesen Schritt gegangen ist, dass man oft auf diese Welt, in der wir hier leben nicht mehr klarkommt und es dich komplett verändert, aber ich finde diese Art von Fotografie sehr wichtig für alle, sowohl für die Leute hier, als auch für die Menschen, die in den Krisengebieten leben und kämpfen.
Welche Projekte stehen noch in der Zukunft für dich an?
Das nächste Projekt ist tatsächlich eher im Veranstaltungs- bzw. Musikbreich. Gemeinsam mit zwei Freunden mache ich eine Veranstaltung namens Buschfunk und da geht es darum, elektronische Musik mit handgemachter Musik zu verknüpfen, es soll das Publikum animieren selbst mitzumachen und gleichzeitig ein Spielplatz für groß und klein sein. Das Konzept steht auf jeden Fall, aber wir sind natürlich immer dabei, es weiter zu perfektionieren und haben beim letzten Mal wirklich sehr positive Rückmeldungen bekommen. Uns hat es auch riesigen Spaß gemacht. Die DJs haben gespielt und dazu gab es dann Mikrofone, Gitarre und Trommeln, sodass die Leute komplett mit einsteigen konnten, und das hat alle nochmal ganz anders abgeholt. Wir möchten auf diese Weise einen neuen Schwung in die Partyszene bringen, die in Münster meiner Meinung nach einfach sehr festgefahren ist. Am Hawerkamp gibt es seit Jahren immer das Gleiche und irgendwie sind wir alle müde davon, aber gehen natürlich trotzdem gerne feiern. Unsere Veranstaltung hat nun schon dreimal stattgefunden, letztes Jahr das erste Mal und dieses Jahr zweimal. Ich schätze, dass wir dieses Jahr noch einmal auffahren im Sommer.
Fotografie läuft natürlich weiterhin! Eins meiner fortlaufenden Projekte, habe ich letztes Jahr in der Wilma ausgestellt, es dreht sich alles um Selbstakzeptanz, ein banales aber wichtiges Thema für mich persönlich. Ausschnitte davon sind noch auf meiner Website zu finden, aber wer weiß, vielleicht gibt es im Zuge des B side Festivals auch wieder eine Ausstellung mit neuen Werken. (https://www.francahengstermann.de/printsartwork/)
Was würdest du Menschen empfehlen, die mit Fotografie beginnen wollen?
Also ich würde immer noch empfehlen eine Ausbildung zu machen. Es kann sich natürlich jeder Fotograf nennen und man kann sich auch super viel selber beibringen. Fotografie kann man auch studieren, da kann ich jetzt nichts zu sagen, weil ich das nicht gemacht habe, aber ich denke, dass man das, was man in einer Ausbildung lernt, wenn man wirklich einen guten Betrieb findet, sich nicht selbst beibringen kann. Natürlich lernt man dann nur das was derjenige einem beibringt, aber dieses tatsächliche Arbeitsleben, also den wirklichen Alltag eines Fotografen, den bekommt man da eins zu eins mit und das finde ich schon sehr wichtig. Man erfährt etwas über Kundenkontakt, darüber, wie man akquiriert und wie der Ablauf beim Fotografieren ist. Sich dort so weiterzubilden hilft einfach enorm.
Ein Beitrag von Linn Stenert und Paula Brieden
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