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Ein Vertriebener kehrt zurück

Es ist eine kalte Novembernacht im Jahre 2009 im Kreis Höxter. Der Mond steht hoch am Himmel und wirft fahles Licht auf die Weide. Plötzlich huscht ein Schatten zwischen den Bäumen hervor und schreckt die Schafsherde auf. Kurz danach ist wieder alles still. Am nächsten Morgen wird eines der Schafe tot aufgefunden. Ausgewertete DNA Spuren, von am Weidezaun entdeckten Fellresten ergeben nachher, das Tier wurde von einem Wolf gerissen. Ein historisches Ereignis. In NRW wurde seit über 170 Jahren kein Wolf mehr gesichtet. Bei dem Tier handelt es sich um einen jungen Rüden aus dem hessischen Rheinhardswald. “Reinhard” wird das Tier genannt, welches schon seit 2006 im hessischen Reinhardwald beobachtet wurde. Auf seinen Streifzügen hatte Reinhard als erster Wolf seit 1835, Nordrhein Westfalen einen Besuch abgestattet. Danach verlor sich seine Spur wieder. Am 13. April 2011 wird Reinhard, in Reinhardshagen, von Forstarbeitern tot aufgefunden. Die Todesursache konnte nicht festgestellt werden.

 

Der Wolf in Deutschland

Der Wolf (canis lupus) gehört zur Familie der Hunde (Canidae). Er lebt in Familienverbänden, sogenannten Rudeln, die aus einem Pärchen und ihren Nachkommen bestehen. Ein Rudel umfasst  durchschnittlich etwa  5-12 Tieren. Die Jungtiere bleiben zwischen 10 Monaten und 3 Jahren im Rudel. Jungtiere vom Vorjahr helfen bei der Aufzucht der neuen Nachkommen. Mit erreichen der Geschlechtsreife wandern sie ab um ein eigenes Rudel zu gründen. Dabei legen sie Strecken von bis zu 1500 Kilometern zurück. Wölfe haben ein ausgeprägtes Sozial- und Territorialverhalten. Rudel leben meist innerhalb eines markierten Reviers, welches sie auch gegenüber anderen Wölfen verteidigen. Innerhalb des Rudels besteht eine strenge Hierarchie. Kommuniziert wird unter den Tieren vor allem durch Mimik, Lautäusserrungen und verschiedenen Schwanzhaltungen. In freier Wildbahn lebende Wölfe können ein Alter von etwa 10-13 Jahre erreichen. Wölfe ernähren sich vor allem von Rehen und anderen Wildtieren. Dabei machen Sie vor allem auf ältere oder kranke Tiere jagd und tragen somit zu einem gesunden Gleichgewicht bei. Der Wolf hat ausser dem Menschen keine natürlichen Feinde. Seine Population wird vor allem durch ein enges Räuber-Beute Schema reguliert. Somit kommt der Wolf hauptsächlich in Gebieten vor in denen ein großes Vorkommen an Beutetieren vorhanden ist. Findet er hingegen nicht mehr genug Nahrung, wandert er ab.


Chronologie des Wolfes in Deutschland:

1835 wird der letzte, nachgewiesen in Nordrhein Westfalen heimische, Wolf geschossen.
1904 wird der letzt, nachgewiesen in Deutschland sesshafte, Wolf bei Hoyerswerda in Sachsen geschossen.
Zwischen 1945 und 1990 werden in BRD und DDR insgesamt 22, aus Nachbarländern eingewanderte, Wölfe geschossen.
Mit der Wiedervereinigung wird der Wolf in Deutschland 1990 unter strengen Schutz gestellt.
Zwischen 1990 und 2000 werden insgesamt 8 nach Deutschland eingewanderte Wölfe illegal geschossen und zwei weitere überfahren.
Im Jahr 2000 wird im sächsischen Teil der Lausitz erstmals in Deutschland geborener Nachwuchs nachgewiesen.
Am 27. April 2016 wird in Niedersachsen, erstmals seit 112 Jahren, ein Wolf in Deutschland legal erschossen, da er sich zu sehr an den Menschen gewöhnt hatte und kaum noch Scheu zeigte.

Im Erfassungszeitraum 2016/17 werden in Deutschland insgesamt 73 Rudel sowie die Geburt von 218 Welpen registriert.
Von 1990 bis 2018 wurden in Deutschland insgesamt 233 Wölfe tot ausgefunden. 70% von Ihnen waren Verkehrsopfer. Weitere 14% wurden illegal geschossen. Von einer Dunkelziffer ist auszugehen.


Der Wolf war einst das, neben dem Menschen, am weitesten verbreitete Säugetier der Erde. Er bevölkerte fast die gesamte Nordhalbkugel, darunter Kontinente wie Europa,
Asien und Nordamerika. Aufgrund von intensiver Bejagung durch den Menschen wurde der Wolf jedoch auf zwei Dritteln seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes komplett ausgerottet.
Seit Ende des 20. Jahrhunderts steht er international unter strengem Schutz, was in den letzten 30 Jahren zur allmählichen Erholung der Bestände geführt hat.
In den letzten Jahrzenten breitet sich der Wolf in Mitteleuropa vor allem aus dem Osten, sowie, über die Alpen, aus Italien kommend wieder aus. Wölfe sind sehr anpassungsfähig, und bewohnen
die unterschiedlichsten Lebensräume. Von den arktischen Tundren bis zu den Wüsten Zentralasiens. Bevorzugt kommen sie aber in lichten Wäldern oder Grasland vor. Hierzulande lassen sie sich vor allem auf Truppenübungsplätze oder ehemaligen Tagebaugebieten nieder. Laut Experten bietet Deutschland platz für bis zu 440 Rudel.  Aktuell leben in Deutschland etwa 60 Rudel und 13 Paare (Stand 2016/17)

Rückkehr des Wolfes in Nordrhein Westfalen

Bestätigte Wolfsnachweise in Nordrhein Westfalen

Seit dem ersten Besuch eines Wolfes, im Jahre 2009, hat es in Nordrhein Westfalen über 30 weitere Wolfsnachweise gegeben. So wurden einzelne Tiere bereits in der Nähe von Wesel, Köln/Bonn, Winterberg, Paderborn, Bielefeld, Münster und Ibbenbüren nachgewiesen. Dabei handelt es sich aber bisher nur um durchziehende Einzeltiere. Ein niedergelassenes Paar oder Rudel wurde in NRW, anders als in vielen benachbarten Bundesländern, bisher nicht nachgewiesen. Laut Experten ist aber davon auszugehen, dass sich auch hier schon bald ein Pärchen bzw. Rudel dauerhaft niederlassen wird.

Um auf die Rückkehr des Wolfes in NRW bestmöglich vorbereitet zu sein wurde im Jahr 2010 vom LANUV die Arbeitsgruppe “Wolf in NRW” ins Leben gerufen. In dieser erarbeiteten Wissenschaftler, Naturschützer, Jäger, Schäfer, Förster und Behörden ein gemeinsames Konzept für den Fall der Rückkehr des Wolfes nach NRW. Zusätzlich bildete das Land Wolfberaterinnen und Wolfsberater als erste Ansprechpartner zu allem was den Wolf betrifft aus.

Weitere informationen:
https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript201.pdf
https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Naturschutz/Dokumente/Wolfsmanagementplan.pdf

 Ist der Wolf gefährlich ?

Ein gesunder Wolf sollte dem Menschen gegenüber eine angeborene Scheu zeigen. So meidet der Wolf den Menschen normalerweise und zeigt sich ihm nicht. In einem dicht besiedelten Land wie Deutschland kann es trotzdem nicht immer vermieden werden aufeinander zu treffen. So kam es auch in Deutschland schon zu einigen Begegnungen von Mensch und Wolf die mit dem Handy aufgenommen und dann im Internet verbreitet wurden.

Grundsätzlich geht vom Wolf keine Gefahr für den Menschen aus. Trotz seiner Rückkehr nach Deutschland, vor 30 Jahren, ist kein einziger Fall bekannt, indem ein Angriff auf den Menschen stattgefunden hat. Der Mensch gehört nicht zum Beuteschema des Wolfes und wird von diesem eher als Bedrohung erkannt. er verhält sich Ihm gegenüber natürlicherweise extrem scheu und es ist relativ unwahrscheinlich als Spaziergänger ein Tier zu Gesicht zu bekommen. Problematisch wird es nur, wenn der Wolf seine natürliche Scheu vorm Menschen verliert. Etwa durch Erkrankungen wie der Tollwut, die in Deutschland jedoch schon seit längerem als erfolgreich bekämpft gilt. Ein weiterer Grund, warum ein Wolf plötzlich keine Scheu mehr vorm Menschen zeigt, ist dass er von diesem gefüttert oder anderweitig angelockt wurde. Im Jahr 2016 musste erstmals ein Wolf in Deutschland erschossen werden, da er keine Scheu mehr vor Menschen zeigte und sich Ihnen näherte. Experten vermuteten auch hier, dass er verbotener Weise gefüttert wurde.

Bei einzelnen Tieren die keine ausgeprägte Scheu vorm Menschen mehr zeigen wird zunächst versucht diese mit optischen und akkustische Reizen zu vergrämen. Zeigt zuletzt auch das Beschiessen mit Gummikugeln keine Wirkung, kann das Tier offiziell zum Abschuss freigegeben werden. So geschehen am 27. April 2016. Darüber hinaus scheinen Wölfe den Menschen oft nicht zu erkennen, wenn dieser in einem Auto oder auf einem Pferd sitzt und zeigen in diesen Fällen scheinbar keine Scheu. Erst wenn sich der Mensch zu erkennen gibt, inderm er aus dem Wagen aussteigt, wird er vom Wolf erkannt und dieser ergreift die Flucht.


Sollte es bei einem Spaziergang zu einer Begegnung mit einem Wolf kommen, raten Experten sich dem Tier gegenüber wie bei allen Wildtieren zu verhalten:
Nicht versuchen das Tier anzufassen oder zu füttern
– Nicht weglaufen, sondern stehen bleiben
– Langsam zurückziehen wenn man den Abstand vergrößern will
– Das Wildtier vertreiben indem man durch lautes Rufen, Klatschen auf sich aufmerksam machen


Gefährlich werden kann der Wolf für Haushunde. Wölfe haben ein ausgeprägtes Territorialverhalten. Dringt ein fremder Wolf in ihr Territorium ein, wird dieser angegriffen. Wölfe erkennen dabei, als nahe Verwandte, jedoch keinen Unterschied zwischen anderen Wölfen und Haushunden. Ein herumstreunender Haushund wird von einem Wolf somit als Eindringling wahrgenommen. Hundehaltern wird empfohlen, in Gebieten in denen Wölfe leben, nah bei ihren Hunden zu bleiben oder diese angeleint zu lassen.

Ein typischer Herdenschutzhund der Rasse Kangal

Während Umweltschützer die Rückkehr des Wolfes als eines der größten Erfolge des Naturschutzes in Deutschland feiern, machen sich längst auch kritische Stimmen breit. Vor allem Schäfer und andere Nutzviehhalter befürchten, dass es bei ihren Tieren zu großen Verlusten durch den Wolf kommen könnte. Eingezäuntes Nutzvieh stellt für ihn eine leichte und somit sehr attraktive Beute dar. Tatsächlich wurden in den Jahren 2002 bis 2016 in Deutschland insgesamt 3455 Nutztiere von Wölfen getötet oder verletzt. Gleichzeitig leisten aber fast alle Bundesländer Ausgleichszahlungen für vom Wolf gerissene Tiere. In NRW erarbeitete das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz eine Förderrichtlinie zum Thema Wolf, die einen Ausgleich im Falle möglicher Schäden durch den Wolf regelt. Gleichzeitig wurde die Förderung von Präventivmaßnahmen für den Herdenschutz festgelegt. Als effektiver Schutz gegen den Wolf eignen sich zum Beispiel Elektrozäune oder aber ausgebildete Herdenschutzhunde.

Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland ist und bleibt eine Herausforderung. Es gilt dabei den Bedürfnissen verschiedenster Interessengruppen gerecht zu werden um ein harmonisches Miteinander zwischen Wolf und Mensch zu gewährleisten. Das Bundesland NRW sieht sich auf diese Herausforderung gut vorbereitet und ist in gespannter Erwartung auf das erste Wolfspärchen, welches sich bei uns niederläss.t

Links & Quellen

https://www.nrw-wolf.de/

https://www.wald-und-holz.nrw.de/naturschutz/der-wolf-in-nrw/

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/deutschland/index.html

https://www.derwesten.de/panorama/freilebender-wolf-in-nrw-gesichtet-id3431051.html

https://www.nrz.de/region/niederrhein/von-woelfen-und-aengsten-id2677272.html

https://www.agrarheute.com/land-leben/zehn-fakten-wolf-deutschland-509586

https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/natur/pdf/Hucht_Ciorga_Kaiser_Luchs_u__Wolf_in_NRW__NiN_2_2011.pdf

 

Robert Fischer

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