Wenn es eine Sache gibt, von der es, besonders in der Corona-Pandemie, mehr als genug gibt, dann sind das vermutlich die schlechten Nachrichten. Es ist anscheinend unmöglich geworden, der täglichen Flut an deprimierenden und frustrierenden Meldungen NICHT pausenlos ausgesetzt zu sein. Jonathan Widder hat sich dieses Problem zur Aufgabe gemacht und eine App mit dem Namen „Squirrel News“ auf den Markt gebracht.
Die Intention des Projektes
Der gemeinnützige Verein Constructive News e.V. wurde 2019 in Berlin von Jonathan Widder gegründet und wird seitdem durch Spenden finanziert. Neben der „Squirrel-News“-App veranstaltet der Verein auch Vorträge in denen über lösungsorientierten Journalismus, der auch die Grundlage für ihre App bietet, informiert wird. Es geht dabei nicht darum, Kriege, Krisen und Konflikte zu verdrängen und nicht zum öffentlichen Thema zu machen. Vielmehr setzen die Betreiber*innen der App auf Berichte, die weniger das Problem in den Vordergrund stellen, sondern eher die Lösung dieses Problems angehen.
Die App „Squirrel-News“
Der Aufbau dieser App ist recht ähnlich zu bereits bekannten Nachrichtendiensten. Nach öffnen werden direkt zehn ausgewählte Artikel angezeigt. Diese werden in jeder wöchentlichen Ausgabe aktualisiert. Doch statt Schlagzeilen wie „Neuer Hochstand an Corona-Infektionen“ oder „Neue Anwälte gegen Impeachement; Trump baut seine Verteidigung um“ liest man nun „Intelligente Windräder können Vögeln das Leben retten“ oder „Die Schwestern, die 700.000 Bäume pflanzen“. Das ist vor allem in schwierigen Zeiten wie Heute eine nette Abwechslung. Das Team besteht zur Zeit noch ausschließlich aus ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die wöchentlich in bekannten und unbekannten Nachrichtendiensten nach Schlagzeilen suchen, die in das Konzept des lösungsorientierten Journalismus passen. Ein langfristiges Ziel der Betreiber*innen ist es allerdings, „Squirrel-News“ und ihren journalistischen Ansatz langfristig zu etablieren, sodass sie die App hauptberuflich betreiben können.
Ein Interview mit Jonathan Widder
Was war der ausschlaggebende Grund „Squirrel News” ins Leben zu rufen?
Das waren mehrere Gründe, die da zusammenkamen. Ich habe schon vorher beruflich mit lösungsorientiertem Journalismus und sozialen Innovationen zu tun gehabt, und als Journalist und Soziologe hat mich das fasziniert, weil man dabei ständig mit überraschenden, oft begeisternden Entwicklungen zu tun hat. Auch von Seiten der Leserinnen und Leser gibt es ein riesiges Bedürfnis nach mehr lösungsorientierten Nachrichten. Irgendwann kam dann der Moment, in dem die Zeit in meinem alten Job zu Ende ging und ich etwas Neues anfangen musste. Und der Wunsch, selbst etwas in diesem Bereich zu gründen, war dann am stärksten.
Was ist ihr Verständnis von lösungsorientiertem Journalismus?
Im Gegensatz zum Begriff des konstruktiven Journalismus beschreibt der Begriff des lösungsorientierten Journalismus noch klarer, worum es geht: nämlich um Lösungen und Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen. Inhaltlich muss sich das nicht unbedingt unterscheiden. So kann der lösungsorientierte Journalismus vom Ergebnis einer Studie über Start-ups mit nachhaltiger sozialer Wirkung und Best-Practice-Beispielen reichen bis zu Porträts und Geschichten des Gelingens. Wichtig ist, dass nicht das Problem im Mittelpunkt des Beitrags steht, sondern die Antwort darauf und wenn möglich auch die Wirkung.
Wo liegen ihrer Meinung nach die Vorteile dieser Art von Nachrichten?
Der Vorteil liegt darin, dass man als Leser nicht das Gefühl hat, die ganze Welt bestünde nur aus Problemen und stünde dauernd kurz vor dem Abgrund. Stattdessen nimmt man zwar die Probleme und Herausforderungen wahr, sieht aber auch, dass es für fast alles über kurz oder lang Lösungsmöglichkeiten gibt. Und man erfährt, wo Möglichkeiten liegen, selbst etwas Positives zu bewirken und zu verändern.
Was sind kommende Ziele für ihre App?
Wir arbeiten bereits daran, das Design und die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern; anschließend werden wir auch Stück für Stück weitere neue Features einführen. Abgesehen davon möchten wir gerne noch Ausgaben in weiteren Sprachen anbieten. Aber dafür fehlen uns momentan noch die Ressourcen.
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