Haben Sie auch ständig Angst vor Russland? Gerade jetzt, wo es so doll geschneit hat! Wir wissen doch spätestens seit Stalingrad, dass wir bei Schnee „dem Russen“, der jahrzehntelang „vor der Tür stand“, unterlegen sind!
Auch Frau Annegret Kramp-K(n)arrenbauer scheint ‘ne Menge Angst zu haben. Irgendwo in einem der heruntergekommenen Büros der Bundeswehr hat sie wohl 8 Seiten Papier organisiert, um mit Generalinspekteur Eberhard Zorn ein Positionspapier aufzusetzen.
Wir sind „konkret bedroht“, sagt die Verteidigungsministerin. Laut einem Interview mit Frau Kramp-K(n)arrenbauer sei die Bundeswehr über Jahre „weggespart worden“. Helfen soll die „Initiative Einsatzbereitschaft“. Gute Nachricht vorweg, die Bundeswehr besitzt ein Gewehr, dass funktionstüchtig ist. Ist das nicht ein toller Erfolg?
Was brauchen wir denn ansonsten, laut der Frau Ministerin?
Auf der Wunschliste stehen ein schwerer Transporthubschrauber und Drohnen, die sind ja gerade total angesagt. Wenn es nach der Verteidigungsministerin geht, am liebsten bewaffnete Drohnen. Was machen die mit einem solchen „schweren Transporthubschrauber“ im Ernstfall? Die Gorch Fock von A nach B fliegen?
Irgendwie ist es doch ein seltsames Verhalten, sich ständig hinzustellen und zu lamentieren, dass man sich so sehr bedroht fühlt und gleichzeitig herauszuposaunen, dass man sich nicht verteidigen kann. Wie stellt sich Frau Kramp-K(n)arrenbauer die Situation mit einem Krieg eigentlich vor, wenn die Gegenseite Atombomben hat und man selber mit Drohnen, einem Gewehr, ‘nem kaputten Segelschiff und einem großen Hubschrauber dasteht? Soll das so laufen wie bei kleinen Kindern, die „an den Haaren ziehen“ und „Kratzen“ vor einer Auseinandersetzung mit „gildet nicht“ ausschließen?
Was mich aber am meisten interessieren würde an dem Thema: Wer hat denn die Bundeswehr „weggespart“? Unter der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder war die Einsatzbereitschaft doch noch ausreichend, um ohne UN-Mandat im Kosovo-Krieg mitzumischen.
Schaut man sich mal die Zahlen an, wird deutlich, dass die Abrüstung (anteilig zum BIP) unter Helmut Kohl angefangen hat. Zwischen den 50er und Ende der 80er Jahren lag der Prozentsatz für Rüstung in einem Bereich von 2,7 % bis 5,2 %. Dann gab es endlich das Ende des Kalten Kriegs und Politiker*innen beider Seiten kamen auf die glorreiche Idee, das Frieden doch irgendwie cooler ist und man das viele Geld besser für andere Dinge ausgeben kann.
Unter der Schröder-Regierung gab es nur eine kleine Verringerung von 0,2 %. Den Rest haben die Unionsparteien CDU und CSU zu verantworten. Gesagt wird das von der Ministerin aber nicht. Seit Ende 2005 steht das Verteidigungsministerium unter der Leitung dieser zwei Schwesterparteien.
Allein 67 Monate hat Ursula von der Leyen die Verantwortung für dieses Ressort inne gehabt. Aufgefallen ist sie in der Zeit aber hauptsächlich durch die Aussetzung der Wehrpflicht**, was negative Nebenfolgen für soziale Bereiche wie die Pflege hatte, und eine Affäre, bei der dreistellige Millionenbeträge an Beraterfirmen gezahlt wurden. Irgendwer musste der „Flinten-Uschi“ das Thema Militär ja mal von Grund auf erklären. Wehrdienst durfte sie selber ja nicht machen.
Werden wir mal ein bisschen konkreter bezüglich der Summen, die jährlich ins Militär fließen. In den letzten 25 Jahren wurden ca. 800 Milliarden Euro* ins Militär gesteckt. Das entspricht in etwa der kumulierten Summe zwischen dem Gründungsjahr der Bundeswehr 1955 und den folgenden 40 Jahren. Man darf dabei nicht vergessen, dass es in der Zeit die Bedrohung durch den Kalten Krieg gab. Allein während der Amtszeit von Frau Merkel wurden ca. 500 Milliarden Euro* für den Militärhaushalt ausgegeben.
Auch im Vergleich der Ministerien kann sich das Bundesministerium der Verteidigung eigentlich nicht vernachlässigt fühlen. Wurden dem Ressort für das aktuelle Jahr doch mit 46,93 Milliarden Euro, mehr Geld zugeteilt als dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nuklearer Sicherheit (?!), dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und dem Bundesministerium für Gesundheit zusammen! Man kann es auch in einer anderen Kombination noch mal darstellen. Für die Verteidigung wird im Jahr 2021 mehr ausgegeben als für die Bereiche „Bildung und Forschung“, „Familie, Senioren, Frauen und Jugend“, „Wirtschaft und Energie“ und „Justiz und Verbraucherschutz“ zusammen! Wie kann man da von „wegsparen“ reden?
Die Daten auf der Internetseite der Bundeswehr weichen übrigens von den genutzten Daten und auch von den Daten des Bundesfinanzministeriums ab. Aber wen wundert es schon, wenn in der Buchhaltung der Bundeswehr (inklusive KSK) nicht mal das Fehlen von ca. 100.000 Schuss Munition, 62 Kilogramm Sprengstoff und über 100 Waffen auffällt.
Warum nun mehr Geld? Liegt es an den erhöhten Kosten für Werbung auf Pizzakartons, Plakaten mit Slogans wie „Gas, Wasser, Schiessen.“, Rekrutierung von jungen Leuten auf der Spiele-Messe Gamescom oder den Produktionskosten für Doku-Serien wie „Die Rekruten“ oder „Mali“?
Aber vielleicht sieht Frau Kramp-K(n)arrenbauer auch schon ihr politisches Ende nahen. Nicht jeder ist so smart wie ihre Vorgängerin und hat das Zeug dazu, sich nach eigenem Versagen am Wunsch der Bürger*innen vorbei ins höchste Amt der Europäischen Union versetzen zu lassen. Nimmt sich Frau AKK vielleicht eher ein Beispiel am ehemaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung? Ich meine damit nicht die kürzeste Amtszeit als Minister in der Geschichte der Bundesrepublik (Kundusaffäre), sondern den Wechsel von der Politik in den Aufsichtsrat des Rüstungskonzerns Rheinmetall.
Frau Kramp-Karrenbauer, Russland macht mir weniger Sorgen als Politiker*innen wie Sie, die Angst schüren, den Rüstungskonzernen Milliarden zukommen lassen und dabei nicht Klartext reden. Wenn irgendwer verantwortlich ist für den desolaten Zustand der Bundeswehr, dann Ihre Partei. Und wenn Sie und ihre Vorgänger*innen mit dem vielen Geld, das Jahr für Jahr ins Ressort der Verteidigung fließt, es nicht schaffen, der Hauptaufgabe ihres Ministeriums gerecht zu werden, dann sollten Sie besser etwas anderes machen. Wegtreten!
*Die genannten Zahlen wurden berechnet auf Grundlage der Daten von Statista zum BIP der Bundesrepublik und Informationen des wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zur Entwicklung der Militärausgaben in Deutschland.
**Nachtrag: Die Abschaffung der Wehrpflicht wurde bereits vom ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg eingeleitet.
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